<- Zurück zu: Home

Begonnen habe ich …

Abgelegt unter Aus der Werkstatt
Sonntag, 5. April 2009

Kim May sah atemberaubend aus, wie Jaqueline fand. Die Schatzjägerin lehnte an einer Maschine im stickigen Maschinenraum der EXPLORER QUEEN II, während ihre Freundin – sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie so dachte – mit Öl an den Fingern und verschwitztem, eng anliegendem Shirt versuchte, eine verstopfte Benzinleitung zu reinigen. Aus den Lautsprechern eines älteren Ghetto-Blasters drang rockige Musik, aus einem kleinen Ventil entwich hin und wieder zischend heiße Luft.

Zum Glück lag das Schiff vor Anker, denn sonst hätte der Lärm der Maschinen die Musik vollends überdeckt.

So zogen die Instrumente und auch die wissenschaftlichen Anlagen an Bord ihren Strom aus den großen Akkus, die ihrerseits durch die große Fotovoltaik-Anlage  aufgeladen wurden, über welche die EXPLORER QUEEN II verfügte.

Das Schiff war eine gemeinsame Entwicklung verschiedener europäischer Staaten. Auch Deutschland hatte sich an der Fertigstellung beteiligt. Daher war das Schiff auf dem höchsten Stand der Technik; sowohl was die Maschinen und Instrumente anbelangte, als auch die Ausstattung der Labors an Bord. Forscher jeder wissenschaftlichen Disziplin konnten ihre Arbeit auf hoher See betreiben, ohne größere Einbußen gegenüber ihren Wirkstätten zu Hause in Kauf nehmen zu müssen. Bis hin zu der komfortablen Ausstattung der Kabinen war an alles gedacht worden.

Jaqueline kannte das Schiff inzwischen in- und auswendig, denn auf ihm hatte sie bereits so manches Abenteuer erlebt. Bei ihrem letzten Besuch war sie als Offizierin der US-Navy an Bord gekommen, um eine mysteriöse Insel zu erforschen. Die EXPLORER QUEEN II war in einen regelrechten Krieg verwickelt worden, hatte aber auch diesen Einsatz überstanden.

Bei dieser Gelegenheit hatte Kim der Archäologin ihre Liebe gestanden, seitdem waren beide ein Paar.

Ein Paar, dass sich seitdem nicht mehr gesehen hatte, denn Kim musste an Bord bleiben und sich um die Maschinen kümmern, während Jaqueline gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Joyce La Fayette mehreren Spuren nachgegangen war, um den göttlichen Kessel der Kelten zu finden.

Von Großbritannien aus waren sie nach Port-au-Prince aufgebrochen, nur um dort zu erfahren, dass sich der Kessel an Bord der HMS PHOEBE befunden hatte, einem Dreimaster, der 1863 von einem eher unbedeutenden Piraten namens Daniel Reed angegriffen, aber nicht aufgebracht worden war. Das Schicksal hatte beiden Schiffen übel mitgespielt, denn sie waren bei dem Gefecht schwer beschädigt worden und sanken, ehe Hilfe eintreffen konnte. Sowohl die Besatzung der PHOEBE als auch die Crew um Daniel Reed ertrank in den Fluten des Meeres.

Darum befand sich Jaqueline erneut an Bord der EXPLORER QUEEN II, denn sie musste hinab zu dem Wrack. Mit etwas Glück, und sie hoffte sehr, dass ihr dieses hold sein würde, hielt sie den Kessel schon bald in Händen und konnte ihre Freundin Conny Blank so vor dem sicheren Tode bewahren.

Es ging um Leben und Tod bei dieser Suche, denn wenn sie versagte, würde Conny sterben. Etwas, das sie sich kaum verziehen hätte1.

Jaqueline griff nach der Coladose, die neben ihr auf einem kleinen Rollwagen stand, und nahm einen tiefen Schluck. Am liebsten hätte sie die warme, süße Brühe sofort wieder ausgespuckt, doch Kim mochte es nicht, wenn jemand in ihren Maschinenraum spukte.

Daher schluckte sie das Gesöff herunter, schüttelte sich aber dabei. Sie mochte Coke, aber nur dann, wenn sie die richtige Temperatur hatte. Joyce witzelte hin und wieder, dass höchstens flüssiger Stickstoff in der Lage sei, ein Getränk derart zu kühlen, dass es Jaqueline schmeckte.

Ihr Blick glitt über den wohl geformten Po der Mechanikerin. Die junge Frau trug wie stets eine enge Jeans, so dass ihr Körper gut zur Geltung kam. An Bord wirkte dies häufig provozierend auf die Crew, doch inzwischen hatte auch der letzte Leichtmatrose verstanden, dass er sich an Kim May die Zähne ausbiss.

»Du schaust gerne anderen Leuten bei der Arbeit zu, oder?«, fragte Kim, während sie sich umdrehte, den Schweiß von ihrer Stirn wischte und nach einer Flasche Mineralwasser griff, die neben ihr auf dem Boden stand. Nachdem sie getrunken hatte ging sie zu Jaqueline und schlang ihre Arme um deren Hals. »Es ist schön, dass du wieder an Bord bist.«

»Finde ich auch.« Jack umfasste Kims Hüften, ehe sie die Frau noch näher an sich heran zog und sie auf die Lippen küsste. Noch immer fühlte sich diese Beziehung seltsam an. Doch eine seltsame Beziehung war besser als keine Beziehung. Und wenn sie neben Kim in der Koje klag, ihren weichen, warmen Körper liebkoste oder die intimen Zonen ihrer Freundin mit der Zunge erkundete, dann war das Gefühl sehr viel richtiger.

»Darf ich kurz stören?«, erklang die Stimme von Joyce La Fayette, noch während sich die beiden Frauen küssten. »Das Tauchboot ist bereit, die Kollegen warten auf uns. Wenn du dich also für einen Moment verabschieden könntest ...«

Nur widerwillig löste sich Jaqueline von ihrer Freundin. Die Nähe der jungen Frau, deren Zuneigung und Erotik taten ihr gut. All das ließ sie vergessen, womit sie in den letzten Jahren ihr Geld verdiente, ließ sie das Blut und den Tod vergessen, das Grauen, das eine Agentin der UKUSA häufig zu Gesicht bekam.

Die beiden Archäologinnen gingen zu der Treppe, die hinauf zu den Kabinen und von dort auf Deck führte.

»Weißt du«, sagte Joyce, »wir kennen uns schon seit vielen Jahren und sind sicherlich die besten Freundinnen. Wir begannen das Studium gemeinsam, schafften unseren ersten Chepri gemeinsam außer Landes und später hast du mich aus der Venusfliegenfalle der Triade befreit. Aber dass du auf Frauen stehst und Männern ganz und gar abgeschworen hast – das kann ich noch immer nicht richtig glauben.«

Jaqueline lachte leise. »Ist es wichtig für dich, ob ich einen Freund oder eine Freundin habe? Hast du ein Problem damit?«

»Keine Ahnung. Man denkt, man kennt einen Menschen, und dann das. Wie gesagt, es ist seltsam. Ich hätte nie vermutet, dass du eine Lesbe bist. Aber ich werde mich wohl daran gewöhnen.«

Jack nickte. Sie und Joyce hatten sich in den letzten Monaten und Jahren nur selten gesehen, da beide ein neues Leben führten. Sie hatten die Schatzjägerei hinter sich gelassen, gingen aber völlig unterschiedliche Wege. Während Jaqueline eine Agentin geworden war, schrieb Joyce Bücher.

Sie erreichten das Oberdeck. Die Unterhaltung zwischen ihnen kam zum Erliegen, denn nun war ihre Professionalität gefragt.

Bis vor wenigen Tagen hatte die EXPLORER QUEEN II nicht weit von ihrem jetzigen Aufenthaltsort entfernt vor Puerto Rico geankert, da Archäologen dort mehrere Schiffe der spanischen Armada vermuteten.

Über Geheimdienstkanäle in Großbritannien und Deutschland war es Jaqueline gelungen, das Schiff kurzzeitig unter ihr Kommando stellen zu lassen. Nun lag die EXPLORER QUEEN II zwanzig Meilen westlich der Isla Avez, einer unbewohnten, zu Venezuela gehörenden Insel. Ein Furz im Meer, wie es Joyce ausgedrückt hatte, aber gleichzeitig ein Zankapfel, da einige Karibikstaaten die Zugehörigkeit dieses Furzes zu Venezuela bezweifelten.

Die Archäologen an Bord waren über die Unterbrechung ihrer Arbeit alles andere als erfreut. Zumal sie nicht wussten, um was es bei der Sache überhaupt ging. Zwar kannten sie Jack und Joyce, aber gerade das machte es noch schlimmer. Seht, die Schatzjägerinnen sind gekommen …

 

II


Die beiden Schatzjägerinnen waren jeder noch so kleinen Spur gefolgt, um den Kessel aufzuspüren. Einst besaßen ihn die keltischen Götter. In ihm konnten Tote zu neuem Leben erweckt werden, wie es hieß.

Doch dann war er verschwunden. Manche sagten, jemand habe ihn zerstört. Andere wiederum behaupteten, er sei vor den Göttern verborgen worden, damit die Menschen die Macht über Leben und Tod in Händen halten konnten.

Inzwischen war sich die Fachwelt einig – einen solchen Kessel hatte es nie gegeben. Er gehörte ins Reich der Mythen und Legenden, wie so viele andere Artefakte einer längst vergangenen Zeit.

Dass er einst existiert hatte, bezweifelten die beiden Schatzjägerinnen keine Sekunde. Dass er die Zeiten überdauert haben könnte schon eher.

Letztlich wussten sie nicht einmal, ob sie mit dem Wrack der HMS PHOEBE richtig lagen. An Bord hatte sich ein Kessel befunden, aus purem Gold bestehend und mit Edelsteinen sowie kunstvollen Ornamenten und Darstellungen von Tieren verziert. Die Beschreibung passte auf den keltischen Kessel, den sie suchten. Ob er es auch war würde sich zeigen müssen. Er war die einzige echte Chance, denn alle anderen Spuren, Hinweise und Vermutungen waren im Sande verlaufen.

Doch noch etwas bestärkte die Frauen in ihrem Glauben, auf der richtigen Fährte zu sein.

Menschen waren für das Geheimnis der PHOEBE, die nicht einmal mehr in den offiziellen Büchern der Royal Navy auftauchte, gestorben.

Einmal ein Informant in Großbritannien, dann ein Tippgeber in Port-au-Prince. Jemand versuchte vehement, die Existenz des Wracks geheim zu halten. Ein Wrack, das seit so langer Zeit auf dem Grund des Meeresbodens lag.

Warum, wenn es sich bloß um einen goldenen Kessel aus dem 18. oder 19. Jahrhundert handelte?  

Wichtiger aber war die Frage, wer dieses Geheimnis zu hüten versuchte. Welche Gruppe oder Organisation schickte gedungene Mörder aus, um den Kessel oder die HMS PHOEBE geheim zu halten?

Die SSSK schied aus, wie Jaqueline eruiert hatte. Sie hatte keinerlei Interesse an dem Wrack. Florence O'Brien mochte nicht mehr Teil der Society sein, ihre Kontakte waren darum jedoch nicht vollends abgerissen.

Hinzu kam, dass es offenbar eine zweite Partei gab, die Jack und Joyce den Erfolg gönnten, denn beide hatten anonyme Hinweise erhalten.

Seit sie Haiti verlassen hatten, herrschte auf jeden Fall Ruhe. Was vielleicht auch nicht erstaunlich war, befanden sie sich doch auf hoher See.


III


Das Tauchboot war relativ neu. Es hatte erst zwei Fahrten auf den Grund des Meeres hinter sich, so dass die Farbe noch immer kräftig leuchtete, nur wenige Kratzer die Außenhülle verschandelten und die Maschinen über jeden Verdacht erhaben waren.

Dennoch hatte Kim einen prüfenden Blick auf die Elektronik geworfen; Jaqueline vermutete, dass dabei Sorge um ihre Sicherheit und eine gehörige Portion Neugier auf dieses wertvolle Stück Technik eine Rolle gespielt hatten.

»Kommst du, oder willst du noch etwas warten?«, rief Joyce, die bereits auf dem Platz des Steuermanns saß. »Ich kann es kaum erwarten, dem Wrack zu Leibe zu rücken.«

Jaqueline nickte, während auch sie in das Tauchboot kletterte. Kurz fiel ihr dabei der finstere Blick des Kapitäns der EXPLORER QUEEN II auf. Dieser Mann hatte mit seiner Crew einiges durchmachen müssen. Immer wenn Jack und ihre Freunde an Bord kamen, wurde es ungemütlich.

Entsprechend schlecht war er auf die Agentin der UKUSA zu sprechen.

»Also schön, dann bring uns mal ganz sanft hinab auf den Grund des Meeres. Du weißt ja, dass ich kleine, enge Kabinen nicht besonders mag.« Jaqueline legte den Gurt an, der sie am Sitz hielt. Sie mochte keine Tauchboote. Die Vorstellung, dass sich zwischen ihr und Millionen Litern Wasser lediglich eine dünne Spezialhülle befand, behagte ihr nicht besonders. Sie war schließlich Ägyptologin, und in Ägypten war es sehr trocken und heiß.

Sie schloss die Klappe, durch die sie eingestiegen war, und nickte der Crew des Schiffes zu. Kurz darauf wurde das Tauchboot angehoben, an einem weiten Ausleger über die Reling gewuchtet und langsam zu Wasser gelassen.

»Nervös?«, fragte Joyce nach einem kurzen Seitenblick. »Keine Angst, meine Kleine – Mama ist bei dir.«

»Danke, Mami«, replizierte Jaqueline, während das Tauchboot sank. Die starken Scheinwerfer schnitten durch das Wasser und rissen die Wunder der Tiefsee aus dem Dunkel.

Noch steuerte  Joyce nicht, sondern ließ lediglich zu, dass das Boot tiefer und tiefer dem Grund entgegen glitt.

Erst als der Tiefenmesser anzeigte, dass sie diesen fast erreicht hatten, griff Joyce nach dem Steuer und aktivierte die Maschinen. Jaquelien bediente derweil die Kameras. Sie suchte den schlammigen Boden ab, der sich unter ihnen erstreckte.

»Ich glaube«, murmelte sie nach ein paar Sekunden, »hier sind wir richtig. Genau wie das Sonar der QUEEN II angezeigt hat. Trümmer einer Sloop mit Briggtakelung. Das müsste die PHOEBE sein, denn Reed befehligte eine Bark.«

»Was du alles weißt ...« Joyce lachte leise. »Für mich ist ein Schiff ein Schiff. Aber du hast Recht – wir haben es mit der HMS PHOEBE zu tun.« Sie deutete auf den Monitor. Dort war die Glocke der Sloop zu sehen, und sie trug den Namen des einst stolzen Schiffes.

»Komisch.« Jaqueline zoomte näher an die Glocke heran. »Das sieht hier nicht aus, als hätten die Trümmer 150 Jahre auf dem Meeresgrund gelegen. Eher, als sei vor kurzem jemand hier unten gewesen und hätte sich das Wrack näher angeschaut.«

»Du hast recht«, stimmte ihr ihre Freundin zu. »Das ist seltsam.«

»Ja ...« Jaqueline zoomte wieder etwas hinaus. »Steig mal ein bisschen  auf. Ich will eine bessere Übersicht haben.«

»Hier war jemand, das ist eindeutig.« Joyce, die auch weiterhin auf den Bildschirm schaute, deutete auf eine Metallkiste, die etwas abseits lag. Sie war aufgebrochen worden, Münzen lagen im Schlamm. Manche waren abgetrieben worden, andere nicht. Wäre die Kiste beim Untergang der PHOEBE aufgebrochen worden, hätte sie nicht so offen im Schlamm gelegen.

»Wer immer hier unten war, er hatte es nicht auf die Schätze der PHOEBE abgesehen. Sonst wären Glocke und Münzen nicht auf dem Grund geblieben.« Joyce schlug gegen die Konsole. »Wetten wir, dass sie den Kessel wollten?«

»Aber wer?«, fragte Jaqueline. »Wer in drei Teufels Namen hat ein Interesse daran, den Kessel vor uns zu verstecken?«

»Das ist eine wirklich gute Frage.« Joyce steuerte das Schiff wieder etwas in die Tiefe, gleichzeitig aber auch vorwärts, so dass sie das Wrack über die gesamte Länge überblicken konnten. Im Laufe der Jahrzehnte war es zu Drift gekommen, der die Trümmer über einen große Strecke verteilt hatte.

»Wenn, dann muss der Kessel tief im Rumpf des Schiffes verborgen gewesen sein.« Joyce kehrte wieder um. »Versuchen wir unser Glück?« Sie steuerte auf den Rumpf des Schiffes zu. Noch immer waren die Einschusslöcher zu sehen, welche zum Verderben der PHOEBE geführt hatten. Mit Kanonen hatten sich die Schiffe duelliert und so ihr Ende gefunden.

»Ich mache die Sonde klar«, rief Jaqueline, während ihre Freundin das Tauchboot in Position brachte. Sie aktivierte das lange, flexible Roh an der Unterseite des Bootes. Wie ein Chirurg bei einer endoskopischen Untersuchung, so führte Jaqueline über einen kleinen Joystick die Sonde durch das Loch ins Innere des Schiffes.

Sie sahen Kisten und Fässer, aufgebrochen und zerstört. Kein Stück war heil geblieben. Trümmer trieben an der winzigen Kamera der Sonde vorbei, größere Stücke hatten sich verkeilt.

Jaqueline nutzte den Joystick, um sich einen guten Überblick zu verschaffen. Ihre Hoffnung, hier unten den Kessel zu finden, sanken mit jeder Sekunde.

Sie zoomte an einen Gegenstand heran, der ihr einerseits vertraut war, andererseits nicht hierher passen wollte. Die Tatsache, dass er doch in den Fokus der Kamera geraten war, ließ verwirrte sie.

Es dauerte einen Moment, bis sie begriff.

»Weg hier, Joyce!«, rief sie erschrocken. Gleichzeitig griff sie selbst nach der Steuerung, um das Tauchboot aus der Gefahrenzone zu führen.

Es war fast zu spät.

Eine gewaltige Detonation zerriss den Rumpf der PHOEBE. Die Druckwelle erfasste auch das Tauchboot und drückte es nach oben, Schlamm, Trümmer und Steine wurden gegen die Außenhaut gedrückt.

Die Vibrationen ließen das Boot beben, die Frauen wurden in den Sitz gepresst. Hätte Jaqueline nicht entsprechend reagiert, wären sie unmittelbar von der Detonation erfasst worden – weder das Boot noch sie selbst hätten dies überlebt.

So schafften sie es an die Oberfläche, während Wasser durch Risse eindrang. Die Hülle ächzte unter dem Druckunterschied, ohne jedoch vollends zu bersten.

»Shit«, brüllte Joyce. »Was zur Hölle ...«

»Eine Mine. Die Bastarde haben und eine Mine zurückgelassen. Wenn ich sie in die Finger bekomme, sind sie tot!«

Wie der Korken aus der Flasche, so ploppte das Boot an die Oberfläche. Sofort griffen die Sicherungsvorrichtungen, mehrerer Ballons wurden aufgeblasen und verhinderten so, dass das Tauchboot sank.

Die Crew der EXPLORER QUEEN II sowie die Wissenschaftler an Bord hatte sich an der Reling versammelt. Einige beeilten sich, Rettungsmaßnahmen einzuleiten, der Rest gaffte.

»Was für ein Tripp«, stöhnte Joyce. Ihre Glieder schmerzten, denn der hohe Druck hatte sie in den Sitz gepresst. »Wenn wir sie erwischen, lass mir noch etwas übrig. Ich will sie auch verarzten.«

»Kannst du haben.« Jaqueline bewegte den schmerzenden Nacken, während das Tauchboot an den Haken genommen und auf das Deck der EXPLORER QUEEN II gehievt wurde. »Ich brauche eine Massage.«

Joyce deutete aus dem Fenster. Kim May stand an der Reling, die Augen panisch geweitet. »Die bekommst du mit Sicherheit. Sie kann es wahrscheinlich kaum erwarten ...«

»Nur keinen Neid«, erwiderte Jaqueline kess. »Such dir halt einen Matrosen, der dich massiert. Es gibt an Bord genug einsame Herzen.«

»Danke für den Tipp«, gab Joyce säuerlich zurück. »Aber so dringend habe ich es dann doch noch nicht!«


IV


Zwei Stunden später trafen sich die Frauen zum Dinner in der Messe. Sie hatten gewartet, bis die anderen Wissenschaftler und auch die Crew ihr Abendessen eingenommen hatte, um ungestört über ihre Suche sprechen zu können.

»Wir haben ein Problem«, stellte Joyce fest, während sie sich eine zweite Portion Nudeln mit Hackfleisch auf den Teller lud. »Jemand, von dem wir nicht wissen, wer er ist, kam uns zuvor und hat den Sessel an sich genommen. Damit stehen wir vor dem Nichts. Und die Uhr tickt ...«

»Ich sehe das nicht ganz so schwarz«, murmelte Jaqueline. Auch sie war enttäuscht, hatte die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben. »Obwohl ich glaube, dass sich unsere Wege hier trennen werden.«

»Spinnst du?«, fragte Joyce. »Was soll denn das jetzt heißen?«

»Das bedeutet, dass ich nun andere Hilfe benötige. Hilfe, die du mir nicht geben kannst. Wie du schon sagtest – die Zeit läuft gegen uns.«

»Du willst den Geheimdienst um Hilfe bitten.« Joyce erzog das Gesicht. Sie hegte ein tiefes Misstrauen gegen die Schlapphüte, wie sie es ausdrückte. Vor allem aber wusste sie, dass man sich diesen Leuten auslieferte, bat man sie um einen Gefallen.

Etwas, das Jack getan und akzeptiert hatte, sie hingegen nicht.

»Ich muss den Geheimdienst um Hilfe bitten. Cardiff soll mir Satellitenbilder dieser Region schicken. Wenn unser Gegenspieler nicht von einem U-Boot aus agiert haben, müssen sie auf den Fotos zu sehen sein. Eine andere Spur können wir in der Kürze der Zeit nicht auftun. Aber zumindest ist es eine Spur. Oder besser – die Hoffnung auf eine solche.«

»Du hast es mit mächtigen Gegnern zu tun. Mit Gegner, die völlig skrupellos sind und über Leichen gehen. Das wird hart, wenn du alleine gegen diese Leute antreten musst.« Besorgnis sprach aus der Stimme der Archäologin.

»Ich habe nicht vor, alleine zu agieren. Die Einrichtung in Cardiff wurde dem MI6 angegliedert. Dort arbeitet nun eine Agentin, die bisher in der Terror-Abwehr beschäftigt war. Sollte sie nicht anderweitig beschäftigt sein, kann sie mir zur Seite stehen.«

»Gut. Dann endet die Suche für mich an dieser Stelle?«

»Nicht ganz. Es kann sein, dass ich jemanden im Hintergrund brauche, der Recherche betreibt. Oder der für mich einspringt, sollte ich … Du bekommst von mir alle Informationen, die wir sammeln können. Wenn ich ausfalle, musst du sofort zur Stelle sein. Also keine Selbsterfahrung, keine Drogen, Sex und Alkohol, bis das hier vorbei ist.«

»Keine Sorge«, erwiderte Joyce, »ich werde zur Stelle sein. Auch wenn das nicht nötig ist, denn du fällst nicht aus. Du bist immerhin meine beste Freundin; du darfst nicht draufgehen.«

<- Zurück zu: Home

+ Kommentar verfassen

Noch keine Kommentare