<- Zurück zu: Home

Rezension: Vampire und Blutrituale

Abgelegt unter Literatur
Montag, 17. Dezember 2007

vampire.JPGFrater PiarusVampire und Blutrituale

Bohmeier Verlag, ISBN 978-3890943817, 143 Seiten, 16,95 Euro

Deutsche Übersetzung von Oliver Fehn.

Covergestaltung: J. A. Davis nach Ideen und Zeichnungen von Eduardo Horvath. Innenillustrationen von Eduardo Horvath.

 

Vampire faszinieren die Menschen seit vielen Jahrhunderten. Man fürchtete sie und pfählt Leichen, um ihre Widerkehr als Blutsauger zu verhindern. Ab dem 19. Jahrhundert setzte eine Romantisierung des Vampirs ein, man sprach ihm erotische Aspekte zu. Vor allem Bram Stoker schaffte es, seinen Blutsauger weitweit populär zu machen; auch wenn er den großen Erfolg von Dracula nicht mehr erlebt.

Doch die Sagen und Geschichten von Blutsaugern sind sehr viel älter als das Wort Vampir. Zu allen Zeiten kannten die Menschen entsprechende Legenden. Ob in China, im alten Ägypten, in Indien oder in Südamerika – Wesen, die das Blut der Menschen trinken, waren nahezu weltweit und auch unabhängig von einander bekannt.

Kein Wunder also, dass neben den Romanen auch einige Sachbücher zu genau diesem Thema auf dem Markt sind.

Das vorliegende Werk befasst sich mit den verschiedenen Erscheinungsformen des Vampirs, aber auch mit artverwandten Kreaturen. Der Autor beschreibt unter anderem, wie und warum Menschen zu Blutsaugern werden, wie es sich mit Astralleibern verhält und was Hexen mit Vampirismus zu tun haben. Auf 143 Seiten will er dem Leser so verdeutlichen, mit welch einem Wesen er es bei einem Vampir zu tun hat. Frater Piarus schöpft dabei aus seiner langen Erfahrung als Vampirologe, um auch Nichtwissenden den Stoff möglichst einfach nahezubringen.

 

Dieses Buch ist faszinierend. Selten wurden auf so wenigen Seiten ein so profundes Wissen über den Vampir ausgebreitet, niemals gab es eine differenziertere Abhandlung. Hätte doch nur Van Helsing dieses Buch besessen, Dracula wäre nie eine Bedrohung gewesen. Und was hätte Buffy nicht alles erreichen können, hätte ihr Wächter Giles dieses Büchlein in die Hand gedrückt.

Okay, genug gescherzt.

Damit mich niemand falsch versteht – ich habe nichts gegen Menschen, die an Vampire glauben. Die meisten Leute glauben ohne mit der Wimper zu zucken an einen allmächtigen Gott, der zwar auf die Menschen schaut, alles weiß und kann, ohne aber einzugreifen und erst nach dem Tode richtet. Sie glauben auch an Engel und die unbefleckte Empfängnis, an die Auferstehung und den Heiligen Geist. Oder an Allah, der auch nicht besser ist. Aber bei einem wenig allmächtigen Wesen wie dem Vampir versagt der Glaube und man erntet Spott.

Ich mache mich daher nicht lustig über jene, die an Magie, Vampire und Geister glauben. Ich mache mich nur über dieses Buch lustig. Denn Frater Piarus, der laut Webseite des Verlages gar kein Frater ist, sondern Geschäftsmann, Kabbalist, Vampirologe und Dämonologe, sammelt in diesem Büchlein munter Legenden und Erzählungen aus allen Teilen der Welt, um mit ihnen die Existenz des Vampirs zu belegen. Einmal erwähnt er, dass es auch wissenschaftliche Erklärungen für das Auffinden von unversehrten Leichen gäbe, doch geht er auf diese Erklärungen gar nicht weiter ein. Lieber fährt er fort, Geschichte an Geschichte zu reihen, ohne auch nur eine zu hinterfragen. Das dürfte selbst jenen Lesern zu wenig sein, die sich ernsthaft mit dem Thema befassen oder an Vampire glauben.

Auch auf der Webseite des Verlages erfährt man, dass Piarus 14 Jahre lang auf dem Gebiet der Magie geforscht habe. Dennoch gibt er einen Auszug des Gilgamesch-Epos verfälscht wider. So schreibt er, Ischtar wolle die »Pforten der Hölle« öffnen, dabei sind es meinen Informationen nach die »Türen der Unterwelt«, und dies ist ein gewaltiger Unterschied. Zumal das Prinzip der Hölle, wie wir es kennen, damals nicht einmal bekannt war. Aber vermutlich hätten die »Türen der Unterwelt« nicht stark genug geklungen. Was so ein Frater ist ...

Im weiteren Verlauf des Romans geht der Autor auch auf Werwölfe und den Chupacabra, den Ziegensauger ein. Seinem Stil bleibt Piarus dabei treu, denn auch hier gibt es nur Legenden und Geschichten. Dass ihm dabei nicht einmal selbst komisch zu Mute wird, erstaunt den geneigten Leser dann doch. Denn bei manchen Legenden muss sich selbst er gesagt haben, dass hier etwas nicht stimmen kann. So muss ein Werwolf jeden Freitag (!) zwischen Mitternacht und zwei Uhr Morgen sieben Hügel, sieben Kirchhöfe, sieben Städte, sieben Ecken der Welt, und sieben Kreuzwege aufgesucht haben, ehe er sich zurückverwandeln kann (sic.). Ich meine - Fogg reiste in 80 Tagen um die Welt, aber das ist lächerlich im Vergleich zu der Strecke, die ein Werwolf jeden Freitag binnen zwei Stunden zurücklegen muss. Ob man auf ihn auch wetten kann? Vor allem – wann soll ein Werwolf da noch einen Menschen attackieren? Er braucht eine Woche, um sich zu erholen, dann ist er wieder unterwegs. Mangels Daumen wird er nicht einmal per Anhalter fahren können. Okay, ich wollte nicht mehr scherzen.

Völlig von dem Kauf abraten möchte ich an dieser Stelle dennoch nicht. Mir ist nämlich kein amüsanteres Machwerk zu diesem Thema bekannt. Nimmt man zugunsten des Fraters an, dass er das Buch im Geiste der Satire verfasste, kann man ihm einige humorige Momente abgewinnen. Obwohl der Kaufpreis dafür doch zu hoch sein dürfte.

Die Aufmachung entspricht dem eines Kleinverlages, das Cover ist hübsch gestaltet und die Illustrationen überwiegend gelungen. Warum jedoch ein Vampir wirkt, als würde er in seiner Freizeit als Nussknacker fungieren, erschließt sich mir nicht.

 

Fazit: Ein Buch, das als Intelligenztest kaum zu überbieten ist. Je rascher man es beiseite legt, umso intelligenter ist man. Der Rest ist Schweigen ...

<- Zurück zu: Home

+ Kommentar verfassen

Noch keine Kommentare