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Advent, Advent, ein Kerzlein brennt …

Abgelegt unter Allgemein
Sonntag, 27. November 2011

Euch allen einen frohen 1. Advent. Dieses Jahr spendiere ich jedem Besucher meines Blogs eine Advent-Geschichte pro Sonntag.

Den Anfang macht eine ältere Story um drei Geister. Okay, es sind DIE drei Geister. Also - viel Spaß damit ...

 

Die drei Geister

 

Sie saßen beisammen um den kleinen, runden Tisch und spielten Karten.

So, wie sie es oft taten. Poker oder Skat.

Neben den Karten standen Chips auf dem Tisch, etwas Bier und der Aschenbecher quoll bereits über.

Es waren schon drei merkwürdige Gestalten, die sich hier versammelt hatten. Freunde und Kollegen ­–  und dies seit vielen hundert Jahren.

Da war zum einen der Geist der vergangenen Weihnachten – kurz GVW. Ein kleiner, dickbäuchiger Gesell mit einem gutmütigen Grinsen auf den Lippen und einem Hang zu Übertreibungen. Er wusste alles über die Vergangenheit, aber nichts über die Zukunft.

Neben ihm saß der Geist der gegenwärtigen Weihnachten, oder auch GGW genannt. Lang und schlaksig war er, trug meist eine etwa säuerliche Miene zur Schau die mit jedem Jahr, welches Verstrich, noch säuerlicher wurde. Die Zeiten besserten sich eben nicht, und dies machte ihm zu schaffen. Er kannte die erlebte Vergangenheit und die Gegenwart, aber wie sein Kollege wusste er nicht, was die Zukunft brachte.

Der letzte im Bunde war der Geist der Zukünftigen Weihnachten – GZW. Ein Hellseher, der genau wusste, was in den kommenden Jahren passieren würde. Zudem kannte er seine Vergangenheit und natürlich auch die Gegenwart.

Er galt als schlauster und vor allem auch als reichster Geist im Jenseits. Schließlich wusste er exakt, welche Lottozahlen bei der Samstagsziehung fallen würden. Einzig Nostradamus hätte ihm hier Konkurrenz machen können, aber der verschlüsselte seine Tipps in Reimen, so dass die Annahmestelle nie wusste, welche Zahlen der groß Seher eigentlich tippen wollte.

Sie saßen beisammen, spielten Karten und pafften genüsslich an ihren dünnen Zigarillos. Sie scherten sich keinen Deut um den Aufdruck auf der Packung, der vor den Folgen des Rauchens warnte.

Der Gesundheitsgeist warnt – Rauchen gefährdet Ihre Erscheinung und führt zum Vergilben des Spukhemdes.

Und wenn schon. So lange es den weißen Riesen gab, der die Spukhemden rechtzeitig gereinigt, gestärkt und gefaltet zurück brachte …

„Ach“, seufzte der GVW und setzte seinen nostalgischen Blick auf. „Ach und ach.“

Seine Freunde kannten dieses Gejammer und wussten bereits, was nun kam. Es wurde Zeit, sich zu besinnen. Immerhin stand Weihnachten vor der Tür, und damit auch ihr Auftritt.

„Ach“, wiederholte der GVW, bevor er diesmal fortfuhr: „Ach, wie schön war es doch früher. Und wie beschissen ist es heute.“

Der GGW nickte und spürte ebenfalls einen Anflug von Nostalgie durch den Raum wehen. Glaubte er zumindest, aber es war nur der Weingeist. Der entfloh nämlich, als der GZW einen Burgunder öffnete.

„Wisst ihr noch - Scrooge? Dem haben wir so mächtig eingeheizt, dass er sich die dickste Gans besorgen ließ. Und anschließend die Sache mit dem kleinen Timmy. Ja, das war ein gelungener Spuk.“ Der GZW nickte zufrieden, bevor er fortfuhr: „Bei Scrooge lief alles, wie es laufen sollte. Aber bei anderen… Wie war es denn bei Marie-Antoinette?“

Der GGW verzog den Mund. „Die hat das halt falsch verstanden. Das ist alles. Ich meine – tief in ihrem Herzen war sie kein schlechter Mensch. Auch wenn sie ihr unrühmliches Ende …“

Der GZW kicherte leise. „Dann sollen sie eben Kuchen essen? Ich weiß ja, dass du ein Faible für sie hattest. Sag mal - wieso bist du eigentlich nicht mit ihr zusammen, wenn du sie doch so nett findest? Jetzt, da sie schon lange im Jenseits weilt…“

Der GGW zuckte mit den Schultern. „Sie ist immer so kopflos. Wollte ja mal, aber dann … Lassen wir das.“

Sie schwiegen eine Weile und spielten weiter. Der Einsatz auf dem Tisch war bereits beträchtlich, und jeder ahnte, dass sie abermals gegen den GZW verlieren würden. Kein Wunder, denn er kannte den Ausgang eines jeden Spiels.

Aber hier ging es ja auch nicht um das Geld, sondern um die Geselligkeit.

„Und wie war das mit Mutter Theresa?“, nahm der GVW das Gespräch wieder auf. „Ich meine – da zaubern wir den schönsten Spuk und müssen feststellen, dass sie eine Heilige ist. Nie zuvor verpuffte ein Spuk so sinnlos.“

Der GGW nickte. „Ruprecht war schon immer ein Scherzkeks. Aber unter das Bild von Mutter Theresa Saddams Schwester zu schreiben, das schlug dem Fass die Krone aus. Aber wartet nur – den erwische ich noch.“

Plötzlich lachte der GZW. Kleine Tränen liefen über seine Wangen, so sehr erheiterte ihn, woran er gerade dachte. „Wisst ihr noch? Mike Tyson? Ich meine …“

Der GVW verzog den Mund und strich sich über sein halbes, noch verbliebenes Ohr. „Das ist nicht komisch“, donnerte er schließlich und warf die Karten auf den Tisch. „Er hat mich angegriffen. Ich meine – wer beißt schon einem Geist ins Ohr? Der Mann ist ein Tier, oder?“

Der GZW lachte noch immer, klopfte sich inzwischen auf die Schenkel und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. „Du hättest ihm halt nicht die Slums zeigen sollen, aus denen er emporstieg. Das war ein verdammt unkluger Schachzug von dir.“

Der GVW nickte. „Erst dachte ich, er wolle mich umarmen. Aber dann …“

„Aber dann … Haps …“, prustete der GZW heraus und fiel nahezu vom Stuhl.

„Können wir uns wieder beruhigen?“, fragte der GGW genervt und klopfte auf den Tisch. „Wir sollten uns überlegen, wen wir in diesem Jahr heimsuchen. Irgendwelche Ideen?“

Betretens Schweigen trat ein. Dies war genau jene Frage, welche die drei Freunde schon seit Monaten beschäftigte. Sie hatten sich die Köpfe heiß geredet, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Nun war es kurz vor Weihnachten, und sie hatten noch immer keinen Plan.

„Wie wäre es mit George W. Busch? Ich meine – wenn es einer verdient hat, dann er“, schlug der GGW vor und schaute sich fragend um.

„Auf keinen Fall“, widersprach der GVW und schüttelte heftig den Kopf. „Der hält uns doch glatt für Terroristen, erklärt uns zu einer Bedrohung und schickt uns die Soldaten auf den Hals. Denk nur mal, wie viele von denen schon im Jenseits sind. Nein, nein – wir sollten nichts riskieren. Sonst heißt es in seiner Bilanz: Afghanistan, Irak und die drei Geister. Na, Prost Mahlzeit.“

Der GZW nickte traurig. „Er hätte es verdient wie kein Zweiter. Aber nein, das können wir nicht riskieren. Außerdem muss man mit diesem Mann auch Mitleid haben. Niemand redet so viel Mist, wie er.“

Wieder trat eine kurze Pause ein. Die Karten wurden gemischt und verteilt. Abermals hatte der GZW gewonnen.

„Wie wäre es mit Dieter Bohlen? Ich meine – der ist doch für seinen Geiz bekannt.“

Der GZW schien sich für diese Idee begeistern zu können.

Nicht so sein Freund GGW.  „Und in seinem nächsten Buch zieht er uns durch den Dreck? Nein, danke. Wer weiß, was ihm einfällt. Das klingt dann so: ‚Ich traf die drei Geister, als sie in meiner Villa in Hamburg ihre schmutzigen kleinen Spukhemden in meinem Pool reinigten. Ich wusste sofort – Dieter, pass auf. Mit denen ist nicht gut Kirschen essen. Aber zum Glück waren die so doof, dass mir keine Gefahr drohte. Die waren noch doofer als Verona und Naddel zusammen‘.“

Der GZW zuckte mit den Schultern. „Dann erwirken wir eine einstweilige Verfügung. So, wie dieser Thomas. Dann wird ihm sicher anders.“

Der GVW gähnte. Ihn ermüdete diese Diskussion, denn sie hatten schon so oft darüber gesprochen. Schließlich erhellte sich sein Gesicht.

„Angela Merkel. Das ist es. Mit ihrem Reformprogramm und der Griechenlandhilfe hat sie so viel Mist gebaut – die besuchen wir.“

Sofort wurde er von seinen Freunden niedergebrüllt.

„Bist du verrückt“, ereiferte sich der GZW. „Die erlässt sofort Geister-Sondersteuern und erhebt eine Maut auf die Jenseits-Transit-Strecke. Nein, nein, die lassen wir hübsch außen vor.“

Der GGW pflichtete ihm bei. „Die braucht so dringend Geld, dass sie uns auswringt wie nasse Hemden. Ich sehe es schon vor mir. Spuk-Gebühr, Schreck-Steuer und das Wegegeld zwischen den Jenseits und Diesseits – gestrichen. Ohne mich, mein Freund. Ohne mich.“

Es war klar, dass auch die Merkel keine gute Wahl war.

Sie verfielen ins Grübeln, das Spiel wurde zur Nebensache.

„Bill Gates“, rief der GZW plötzlich und schien sich sicher, endlich einen annehmbaren Kandidaten zu haben. Er ist geizig und die meisten Menschen mögen ihn nicht. Also der ideale Kandidat, wie er fand.

„Nicht gut“, erklärte der GGW kleinlaut und schielte auf sein Notebook. „Die Software da drauf ist geklaut. Wenn er da merkt, gates mir an den Kragen.“

Es war eine schier ausweglose Situation. Schweigen lastete auf dem Raum, welches nur durch das Ticken der Uhr unterbrochen wurde.

„Also gut“, resümierte der GVW schließlich zerknirscht. „Dann bleibt eben doch nur noch einer.“

Der GZW nickte, denn er wusste, wen sein Freund meinte. Und auch der GGW stimmte zu.

Es war der Notnagel. Die letzte Chance, wenn ihnen nichts Besseres einfiel. Obwohl es der Betreffende eigentlich nicht verdient hatte. Aber jemanden mussten sie halt besuchen.

Der GGW schaute seine Freunde an und wiederholte noch einmal den Beschluss. „Also schön. Dann muss es eben sein – wir nehmen Jörg Kachelmann. Wer von uns verkleidet sich als BILD-Reporter?

 

Ende

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