Kommerzialisierung durch Linux-User?
Geht es um Multimedia, so sind Linux-Benutzer oft nicht gerade gesegnet. Eine Leih-DVD abzuspielen geht ebenso wenig von Haus aus, wie eine .wma-Datei.
Die Lösung lautet, die entsprechenden Codecs zu installieren, und diese bewegen sich nach Meinung vieler in einer Grauzone. Aber es funktioniert.
Doch nun haben die Firmen offenbar entdeckt, dass Linux-Benutzer auch zahlende Kunden sein können. So gibt es ein Programm, mittels dem man DVDs abspielen kann (wenn auch mit Tücken). Und – ganz neu – eine Firma, die Codecs anbietet, um Formate wie .mpg und .wmv/ .wma anzuzeigen. Nicht umsonst, denn geschenkt gibt es schließlich nichts.
Die Linux-User berichtet in der heute frisch eingetroffenen Ausgabe 05.2007 über diese Codecs der Firma Fluendo und stimmt das hohe Lied dieses Angebots an. Denn – so schreiben sie zum Schluss – viele Internet-Radiostationen würden ja eben doch auf Windows-Formate setzen.
Die Frage, die ich mir stelle ist natürlich, ob da nicht der völlig falsche Weg beschritten wird. Statt die Sender und Anbieter dazu zu bringen, auf offene Formate zu setzen, schreibt Linux-User, man solle lieber das Geld für die legalen Codecs ausgeben. Denn das ist der Tenor (legal genießen!). Und anstatt darauf zu pochen, dass der Kunde Inhalte, für die er Geld gezahlt habe (Musik-Download, DVS gekauft oder geliehen etc.) auch auf jedem System ohne weitere Kosten anschauen/ anhören kann, soll er laut dem Magazin noch einmal in die Tasche greifen. Kein Windows-Anwender würde für Codecs zahlen, nur um Internet-Radio zu hören oder eine DVD abzuspielen. Es ist selbstverständlich, dass er dies tun kann. Aber Linux-Benutzer müssen wohl dankbar sein, dass es nun eine kostenpflichtige Alternative zu vorgeblich halbseidenen Codecs gibt. Ich finde, dass die Linux-User hier eine massive Kommerzialisierung von Linux betreibt. Es geht offenbar nicht darum, die Anbieter von Inhalten zum Umdenken zu bewegen und den Lesern klar zu machen, dass sie hier doppelt zur Kasse gebeten werden sollten, sondern es geht darum, gerade solch fragwürdigen Angebote zu bejubeln. Vielleicht, um mehr Leute auf Linux zu pushen und somit ihren Leserkreis zu erhöhen. Oder um mehr Werbeanzeigen zu verkaufen – was weiß ich. Aber das Ansinnen, die Sinne der Anbieter für offene Formate zu schärfen wird damit völlig zuwidergehandelt. Und dies in einer Zeit, in der EMI und Apple beschlossen haben, künftig auf DRM zu verzichten. Die Chance, jetzt eine Gleichstellung für Linux.Nutzer zu erreichen, indem man den Verantwortlichen klar macht, dass sie ihre Songs auch in offenen Formaten anbieten können, wird damit torpediert.
Ich finde, ein Linux-Magazin sollte auch den Gedanken dahinter transportieren. Das sie die kostenpflichten Codecs erwähnen und besprechen, ist klar. Dass sie sie rundweg bejubeln ohne die Gefahren anzusprechen, ohne den Sinn hinter Linux zu erwähnen und kritische Töne einfließen zu lassen, das ist es nicht okay. Nicht einmal die Tatsache, dass es die Webseite nicht in Deutsch gibt und man nur mit Kreditkarte zahlen kann, führt zu negativen Worten. Fast wirkt der Artikel wir eine mehrseitige Werbeanzeige der Firma Fluendo.
Meine Meinung: So nicht, Linux-User.
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