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Unsauberer Journalismus im Web

Abgelegt unter Allgemein
Montag, 15. Oktober 2007

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Das Internet macht aus unbescholtenen Bürgern plötzlich kleine Journalisten. Vor allem "Web 2.0" sei hier zu erwähnen, denn dank Blogs und Foren kann jeder in Sekundenschnelle Artikel, Rezensionen oder Meinungen unzähligen Menschen zugänglich machen. Online- und PDF-Magazine zu allen möglichen Themen schießen wir Pilze aus den Servern und bieten den interessierten Lesern eine Vielzahl an Möglichkeiten, um sich zeitnah zu informieren.

Oder auch, um desinformiert zu werden, denn Vielfalt bedeutet nicht Qualität. Im Internet gibt es keinen Schutz vor falschen Informationen und auch niemand, der dem Macher eines Online-Magazins die Grundlagen korrekter Berichterstattung nahe bringt. So kann es vorkommen, was jüngst geschah – ein Onlinemagazin, das sich mit Spannungsliteratur befasst, berichtete im Zuge der Frankfurter Buchmesse davon, dass der bekannte Western-Autor Alfred Wallon von dem aktiven Schreiben zurückgetreten sei. Ein Mitarbeiter dieses Magazins hatte etwas aufgeschnappt und schon fand diese "Neuigkeit" den Weg in das Internet.

Leser, die sich überwiegend mittels diesem Online-Magazin informieren, werden sich kräftig getäuscht sehen, denn diese Meldung ist eine reinrassige Ente und der Artikel damit ein Paradebeispiel, wie Online-Journalismus nicht sein darf. Denn Alfred Wallon schreibt natürlich auch weiterhin; 2008 erscheint ein Hardcover von ihm im Persimplex-Verlag. Man kann also schon fast von einer geschäftsschädigenden Berichterstattung sprechen, schaut man sich den fraglichen Artikel an. Dabei wäre es leicht gewesen, diesen Fehler zu vermeiden. Eine eMail an Alfred Wallon nach der Buchmesse hätte gereicht, um die Fakten zu klären.

Doch genau da setzt ein, was das Medium Internet so gefährlich macht. Die Geschwindigkeit, in der Nachrichten verbreitet werden können, veranlasst manche dazu, Fakten zu schnell, ungeprüft und halbherzig zu veröffentlichen. So kommt es zu Gerüchten und halbgaren Neuigkeiten, die sich rasch verbreiten. Für User, also die Besucher eines Online-Magazins, stellt sich in diesem Fall die Frage, ob sie den News Vertrauen schenken oder nicht. Leider glauben manche schlechte Neuigkeiten lieber als gute oder Korrekturen. Ein Körnchen Wahrheit wird schon dabei sein. Die Geschwindigkeit des Mediums und die – zumindest theoretische – Möglichkeit, von unzähligen Menschen gelesen zu werden – beides müsste eine besondere Sorgfalt der Verantwortlichen zeitigen. Aber genau das geschieht nicht.

Ein weiteres Risiko bei Online-Publikationen aus dem halb-professionellen oder gänzlich privaten Bereich ist das, was ich als »Hobby-Effekt« bezeichnen möchte. Viele "Redakteure" arbeiten unentgeltlich und sehen ihre Publikationen als Hobby an. Daraus leiten sie für sich den Anspruch ab, simple, unprofessionelle Arbeit abliefern oder feststehende Regeln ignorieren zu dürfen. »Ich mache das als Hobby, nur aus Spaß ...« ist ein Spruch, den ich häufiger zu hören bekomme. Nun – ich hoffe inständig, dass auch professionelle Journalisten Spaß an ihrer Arbeit haben. Abgesehen davon bedeutet "Hobby" nicht zwangsläufig "schlecht". Jemand, der in seiner Freizeit Modellflugzeuge bastelt und diese in den Himmel steigen lässt, wird sicherlich auch konzentriert und genau arbeiten, will er keinen Absturz riskieren. Und ein Flaschenschiff, dass aussieht, als habe es an der Seeschlacht zwischen Spanien und England teilgenommen, stellt sich niemand in den Schrank. Und dies, obwohl vermutlich bedeutend weniger Menschen das Wohnzimmer des Künstlers besuchen, als User die Webseite eines Online-Magazins. Nur, weil ein Text schnell eingetippt ist und es sich nur um ein "Hobby" handelt, ist also kein Argument für schlechte Qualität oder ein Verstoß gegen grundlegende Regeln.

Ein letzter Punkt, den ich an dieser Stelle ansprechen möchte, ist die Unart, gezielt Leute/ Gruppen in Berichten anzugreifen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass man in einem Artikel keine Kritik üben darf. Doch die Form, wie dies geschieht, ist ausschlaggebend. Stellt ein Artikel einen Menschen an den Pranger, hat das höchstens etwas mit Boulevard-Journalismus der niedersten Art zu tun, nicht aber mit einer korrekten Berichterstattung. Sicherlich kann eine Kolumne persönlich gefärbt sein, darf aber nicht dahingehend ausarten, dass man mit dem Finger auf eine Person zeigt, exemplarisch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate von dieser Person benutzt und so Bashing der übelsten Sorte betreibt, wie man es sonst nur aus Blättern wie der BILD kennt. In so einem jüngst geschehenen Fall hilft es auch wenig, wenn sich der Herausgeber oder Chefredakteur aus der Affäre zieht in dem er sagt, jeder Redakteur sei für seine Beiträge selbst verantwortlich. Den rechtlichen Aspekt mag ich hier nicht beurteilen, vom rein journalistischen Standpunkt her ist es eine grobe Fehlleistung, da man sich seiner Verantwortung nicht bewusst zu sein scheint. Vielleicht gewinnt man auf diese Art ein paar Leser, die sich von dem Artikel angesprochen fühlen. Vielleicht dient ein solcher Artikel auch dazu, ein wenig "Frust" abzubauen. Auf großer Linie zeigt man jedoch sein Versagen in dem Bestreben, die Besucher zu informieren und sachlich Fakten zu präsentieren. Denn Frustabbau hat nichts mit Online-Magazinen zu tun. 

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