<- Zurück zu: Home

HHvA und die Quellenangabe

Freitag, 4. Juni 2010

Der Chefredakteur hat gesprochen - und damit eine seltsame Sicht auf die Rechtslage geschaffen, an die sich seine Redakteure mal besser nicht halten sollten. Denn er schrieb, es gäbe keinen rechtlichen Anspruch auf die Nennung von Quellen bei freien Texte.

Das ist reichlich sonderbar, denn imho gibt es diese Verpflichtung sehr wohl - aber ich bin kein Anwalt und behaupte es darum unter Vorbehalt. 

Woraus ich meine Meinung ableite, ist zum einen § 63 UrhG. Denn dort heißt es: 

(1) Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes in den Fällen des § 45 Abs. 1, der §§ 45a bis 48, 50, 51, 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 sowie der §§ 58 und 59 vervielfältigt wird, ist stets die Quelle deutlich anzugeben. Bei der Vervielfältigung ganzer Sprachwerke oder ganzer Werke der Musik ist neben dem Urheber auch der Verlag anzugeben, in dem das Werk erschienen ist, und außerdem kenntlich zu machen, ob an dem Werk Kürzungen oder andere Änderungen vorgenommen worden sind. Die Verpflichtung zur Quellenangabe entfällt, wenn die Quelle weder auf dem benutzten Werkstück oder bei der benutzten Werkwiedergabe genannt noch dem zur Vervielfältigung Befugten anderweit bekannt ist.

(2) Soweit nach den Bestimmungen dieses Abschnitts die öffentliche Wiedergabe eines Werkes zulässig ist, ist die Quelle deutlich anzugeben, wenn und soweit die Verkehrssitte es erfordert. In den Fällen der öffentlichen Wiedergabe nach den §§ 46, 48, 51 und 52a ist die Quelle einschließlich des Namens des Urhebers stets anzugeben, es sei denn, dass dies nicht möglich ist.

(3) Wird ein Artikel aus einer Zeitung oder einem anderen Informationsblatt nach § 49 Abs. 1 in einer anderen Zeitung oder in einem anderen Informationsblatt abgedruckt oder durch Funk gesendet, so ist stets außer dem Urheber, der in der benutzten Quelle bezeichnet ist, auch die Zeitung oder das Informationsblatt anzugeben, woraus der Artikel entnommen ist; ist dort eine andere Zeitung oder ein anderes Informationsblatt als Quelle angeführt, so ist diese Zeitung oder dieses Informationsblatt anzugeben. Wird ein Rundfunkkommentar nach § 49 Abs. 1 in einer Zeitung oder einem anderen Informationsblatt abgedruckt oder durch Funk gesendet, so ist stets außer dem Urheber auch das Sendeunternehmen anzugeben, das den Kommentar gesendet hat.


Absatz 2 müsste diesen Punkt treffen, denn freie Texte sind ja zur öffentlichen Wiedergabe vorgesehen. 

Abgesehen davon – wann genau steht ein Text zur freien Verfügung? Selbst die Creative Commons behält sich stets die Namensnennung vor. Selbst wenn der Text frei verwendet werden kann.

Immerhin weist HHvA bei anderen Texten, welche die nötige Schöpfungshöhe erreichen (geiles Wort) darauf hin, dass Quellen genannt werden müssen:

Anders sieht die Sache aus, wenn unsere Autoren Texte oder Textstellen zitieren, die nicht zur freien Verfügung stehen und die nötige sogenannte »Schöpfungshöhe« aufweisen. Aber: Wie unsere Autoren dann diese Stelle benennen bzw. kennzeichnen, steht ihnen wiederum frei. Denn es ist völlig egal, ob die  zitierte Stelle in einem extra Anhang ausgewiesen oder im Fließtext des Artikels genannt wird. Wichtig ist der Hinweis darauf. Dieser Hinweis muss eben unbedingt gegeben werden.

Imho erreicht eine Pressemitteilung ebenfalls diese Schöpfungshöhe. Zwar ist sie zur Veröffentlichung mehr oder weniger bestimmt (Pressemitteilungen sollen bearbeitet, nicht eins zu eins abgekupfert werden), aber nimmt sie das von der Pflicht der Quellenangabe aus?

Ich denke - nein. Jedes Magazin oder jede Zeitung schreibt ihre Quelle darunter, und sei es nur "dpa" etc. 

Vor allem aber ist jeder Text rechtlich geschützt und darf nicht verwendet werden, der nicht ausdrücklich einer entsprechenden Lizenz unterliegt. Dazu zählen auch Inhalte auf Webseiten etc.

Die Motivation, warum HHvA so handelt, liefert er zumindest gleich mit - er hat keinen Bock auf Kontrolle oder auf Debatten mit seinen Mitarbeitern. Das zumindest ließe sich aus den Worten schließen:

Damit verweigern wir uns nach wie vor einer intensiven Kontrolle der Beiträge unserer Mitarbeiter, denn spätestens seit sechs Wochen weiß jeder, dass (unerlaubtes) »Abschreiben nicht gilt«. Die Autoren tragen in diesem Sinne die Verantwortung für ihre Beiträge. Wer aktuell noch ohne Nennung der Herkunft abschreibt, hat nichts gelernt (volkstümlich: ist doof) und darf dann nacharbeiten. Weitere Konsequenzen wird es da wohl kaum geben. Wir setzen dabei voll auf das  Verantwortungsbewusstsein unserer Autoren. Mir ist dabei auch egal, ob andere Seiten (aus welchen Gründen auch immer) diese Angelegenheit anders handhaben. Das müssen die Betreiber eben dieser anderen Seiten für sich entscheiden. Im Zauberspiegel wird das so wie verkündet gehandhabt.

Ich vertraue in dieser Hinsicht allen Autoren des Zauberspiegels, dass dies in der Zukunft entsprechend umgesetzt wird und sich diese Vorfälle nicht wiederholen.

Ah ja. Abgesehen davon, dass die Autoren zwar die Verantwortung für ihre Texte tragen, HHvA aber die Verantwortung für sein Magazin und damit auch für jeden Scheiß, den seine Leute evtl. machen, vertraut er also auf deren Arbeit, statt ein wachsames Auge darauf zu haben. Ob das im Lichte der Ereignisse wirklich eine so gute Entscheidung ist?

Ebenfalls nicht lustig ist ja, dass Autoren dann ihre Quellen nicht nennen müssen, wenn sie nur der Faktenerhebung dienten. Der Leser soll also einfach mal glauben, was der Mitarbeiter da sagt. Ungeprüft, ohne Hinweis. Das wirkt alles andere als vertrauenserweckend, wie ich sagen muss. Jemand könnte sich auch Dinge aus den Fingern saugen - niemand kann es prüfen.

Was mich umtreibt ist der Zorn, dass solch unprofessionelles Verhalten dazu führt, dass Online-Magazine generell einen schlechten Ruf bekommen und die Arbeit mit Verlagen etc. erschweren. Man kann eben nicht auf der einen Seite professionell auftreten wollen, Interviews auf großen Messen führen und sich als intimer Kenner gerieren, dann aber, sobald man tatsächlich ernsthafte Arbeit leisten soll, den "Fan" herauskehren und sich als Amateur geben. Welches Beispiel gibt der Zauberspiegel damit, welches geben seine Mitarbeiter, die nicht professionell arbeiten?

Darum mein Hinweis an alle, die da draußen Artikel für Onlinemagazine verfassen - nennt eure Quellen und lasst euch nicht auf HHvAs Wischi-Waschi ein, denn die Gesetzeslage ist klar und darüber hinaus ist es einfach guter Stil, seine Quellen in jedem Fall anzugeben - allein schon, damit die Leser Behauptungen prüfen können.

<- Zurück zu: Home

+ Kommentar verfassen

Noch keine Kommentare