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Über den Umgang mit Fehlern - oder warum der Zauberspiegel lernresistent ist

Samstag, 15. Mai 2010

Der Sturm zog über den Zauberspiegel hinweg, doch tatsächlich das alte Laub beiseite gefegt hat er nicht. Das sieht man zum einen an der Reaktion der Verantwortlichen, die sich vor allem im Beschwichtigen üben, als auch in der Tatsache, dass nach wie vor keine Quellenangaben oder Bildnachweise bei den Artikeln zu finden sind. Eigentlich ziemlich traurig, wenn man darüber nachdenkt. Denn ohne diese Dinge sind dem fortgesetzten Missbrauch Tür und Tor geöffnet. 

Der Tenor der Debatte, die um Ingo Löchels Copyright-Verletzungen entbrannte, lautete schlicht: "es wurde ja niemand finanziell geschädigt, also ist es auch nicht so schlimm".

Eine seltsame Einstellung ist das, vor allem für Leute, die kurz zuvor noch laut das geistige Eigentum anderer verteidigten, als ginge es um ihr eigenes Leben. Nun ja, da war es ja auch die Industrie, die wimmerte. Bei Löchel waren es (vorerst) nur private "Fans", und mit denen ist man auf einer Augenhöhe, also braucht man sie nicht so zu respektieren und zu verteidigen wie Lübbe. Das zumindest ist die Lehre, die man aus der Aktion ziehen kann.

Löchel, der dem Geisterspiegel lieber den Rücken kehrte, als seine Artikel mit Quellenangaben und Bildnachweisen zu versehen - warum wohl, mag man sich da doch fragen - schweigt. Er bringt seine Artikel auch weiterhin; man kann nur vermuten, dass er nun ordentlich arbeitet.

Immerhin aber dachte heute ein Mitarbeiter des Zauberspiegels darüber nach, seine Arbeit dort zu beenden. Schließlich stehe er auf der Schwelle zwischen Studium und Medienwirtschaft. Am Ende entschied er sich jedoch dagegen, so dass er HHvA erhalten bleibt. Dabei ist das Internet ein universelles Gedächtnis, bei dem sich immer mehr Arbeitgeber bedienen. Ein klarer Standpunkt wäre deutlich besser gewesen und hätte ihm bei seiner künftigen Karriere mehr genutzt als eine vermeintliche Treue zu einem Herausgeber, der fein zwischen privaten Fans und der Wirtschaft unterscheidet, keine Konsequenzen aus solchen Problemen zieht und sich im Abwinken und Kleinreden übt.

Wer weiß, ob die künftigen Arbeitgeber des Redakteurs auch so fein unterscheiden, oder ob sie es völlig klar sehen - Urheberrechtsverletzungen sind Urheberrechtsverletzungen und Abschreiben ist ein Ding, das in kaum einer Redaktion geduldet wird. 

Was mich persönlich umtreibt ist der Ärger über dieses unprofessionelle Verhalten, denn es wirft ein schlechtes Bild auf Online-Magazine generell. Man kann nicht Verlagen gegenüber professionell auftreten, sich aber bei solchen Problemen auf seine Rolle als "Fan" zurückziehen. Da reicht es auch nicht mehr, ein Bad in Gleitgel zu nehmen um, wie es manche beim Zauberspiegel tun, der Wirtschaft tief in den Arsch zu kriechen.
Ich vermute ohnehin, dass die meisten Unternehmen die Online-Magazine nicht wegen deren Zugriffszahlen als Partner sehen, sondern weil diese Magazine eine gute Trefferquote bei Google bringen. Ohne teure Werbung können so Produkte gut in der nahezu allmächtigen Suchmaschine platziert werden.

Nur - diese Treffer müssen natürlich zum Produkt passen. Gerade die Schreihälse unter den Herstellern werden sehr genau darauf achten, dass es zu keinen wie auch immer gearteten Urheberrechtsverletzungen kommt. Der Schaden, der nach Meinung von HHvA und seinen Leuten nicht angerichtet wurde, könnte also sehr viel größer sein. Dann, wenn sich die Presseabteilungen anschauen, was für Treffer Google da liefert, durch was das jeweilige Online-Magazin von sich reden macht usw. Man weiß auch, dass sich Entscheider oft zu radikalen Schritten hinreißen lassen.

Statt also aus falsch verstandener Loyalität die Dinge laufen zu lassen, wären harte Entscheidungen sowohl von der Chefredaktion als auch von den Mitarbeitern notwendig. Das ist nicht immer schön und manchmal tut es auch weh, aber das darf nicht davon abhalten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. 

Es sei denn, man hat schlicht keinen Bock, seine Verantwortung zu akzeptieren. Nur - dann sollte man lieber die Seite vom Netz nehmen, das wäre sehr viel besser und würde deutlich weniger Schaden anrichten.

 

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