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Noch ein bisschen Köln

Dienstag, 23. September 2008

Nach dem Trauerspiel um die Anti-Islamisierungskonferenz in Köln melden sich verschiedene Leute zu Wort; die einen finden den Einsatz der Polizei gut, die anderen nicht. Aber keiner bringt es so gut - und gleichzeitig so traurig für unseren Rechtsstaat - auf den Punkt, wie Wolfgang Thierse. Denn er offenbart, was so manche Politiker vielleicht im stillen Kämmerlein gedacht haben - das die Grundrechte in Deutschland eben doch keine so gute Sache sind, weil sie ja den Bürgern eben Rechte geben. Zum Beispiel das Recht, seine Meinung zu sagen. Das scheint Thierse gar nicht zu gefallen, und so gibt er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk auf die Frage, ob er es auch gut gefunden hätte, wenn ein paar Rechtsradikale eine Demonstration der Linken für mehr Multikulturismus gestört hätte, dieses hier von sich: 

Ja, aber man kann eben in der Politik und in der Demokratie nicht nur formaljuristisch argumentieren, sondern es geht schon darum, welches Anliegen welche Gruppierung vertritt, ob es dem friedlichen Zusammenleben der Gesellschaft dient, oder ob es stört, welche historische Erfahrung, welche historischen Erinnerungen wir mit welcher Art von Anliegen welcher politischen Position haben.

Es geht also um das Anliegen und darum, ob es stört. Oder um es kurz zu sagen - bist du meiner Meinung, dann wirst du geschützt und darfst sie sagen. Bsit du nicht meiner Meinung, hältst du besser die Klappe - notfalls auch mit Gewalt.

Das ist für einen Mann in dieser Position eine bemerkenswerte Position. Denn gerade der Rechtsstaat sollte darauf achten, dass alle Bürger die gleichen Rechte haben. Aber genau das will Thierse beschneiden. In Zukunft wird dann wohl geprüft, ob die Meinung ins Bild passt oder nicht, ehe man sie sagen darf. Und dass es pure Gewalt war, die zum Stopp der genehmigten Demonstration führte, verschweigt er nicht nur, er bejubelt es:

Ich finde ja den Vorgang deshalb von manchen Einzelheiten, die ich aus der Ferne nicht beurteilen kann, sympathisch, weil daran wieder sichtbar wird, unsere Demokratie muss verteidigt werden nicht nur von denen da oben, den Politikern oder von Staatswegen, von Polizei und Justiz, sondern es sind die Bürger selber, die ihre Demokratie verteidigen, ihre Straßen, ihre Plätze, ihre Städte, gegen rechtsextremistische Inanspruchnahme. Und dass das in Köln gelungen ist, ist, denke ich, ein Vorgang, der mir die Stadt und ihre Bürger noch sympathischer macht, als sie ohnehin schon waren.

Ja, mir sind Steinewerfer auch sehr sympathisch. Es sind harte Argumente, mit denen man unliebsame Meinungen verstummen lassen kann, hip, hip und hurra. Obwohl Thierse ja ein paar Jahre lang einen politisch aktiven Steinewerfer an seiner Seite hatte. Wer weiß, vielleicht machte in Köln ein künftiger Außenminister seine ersten Schritte auf dem politischen Parkett.

Das Interview zeigt wie kaum etwas anderes, wie kaputt unsere Demokratie ist, wie abgehoben die Meinungen der Politiker. Danke, Thierse.

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