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Darf man das?
Im Web las ich heute diesen Satz:
Was darf man aus künstlerischen Gesichtspunkten tun, was nicht?
Grundlegend geht es um das Thema, wie mit dem Tod eines Protagonisten im Roman zu verfahren ist - oder dem Tod des Autors vor Beendigung des Manuskripts.
Ich möchte davon weggehen und mich der generellen Frage stellen: Was darf man aus künstlerischer Sicht tun und was nicht?
Die Antwort lautet in meinen Augen: Der Autor darf alles tun!
Gerade im Roman bietet sich die Möglichkeit zu Experimenten. Man kann weiter gehen als andere Autoren gegangen sind, man kann eine neue Erzählform ausprobieren und man darf in Gedanken neue Ufer betreten.
Wäre das nicht so, würden wir heute noch Romane lesen, wie sie im 17. Jahrhundert verfasst wurden.
Stets machte jemand den Anfang, ging jemand weiter, ignorierte jemand die Grenzen dessen, was andere als gültig erklärt hatten.
Autoren haben es heute sogar noch einfacher als früher, denn die Abhängigkeit von Verlagen nimmt mehr und mehr ab. Die Literatur ist in einem Wandel begriffen, sie schafft sich dank neuer Medien auch neue Wege.
Meine Prophezeiung ist, dass wir auf eine Umkehr des Verhältnisses zwischen gedruckten Büchern und eBooks zusteuern. Noch gibt es alte Generationen, die sich mit dem neuen Medium nicht anfreunden können. Die sagen, sie brauchen Papier … bla.Die eBooks ablehnen, als seien sie etwas Widerliches.
Aber dies ist in meinen Augen eine Phase, die vorübergehen wird. So, wie Menschen den Geruch von Pferden brauchten und sich niemals in eine Motorkutsche gesetzt hätten oder den Computer ablehnten und an Zetteln festhielten, so werden die alten Generationen heute den Siegeszug des eBooks nicht aufhalten. Höchstens verzögern und jene mit ihren immer gleichen Aussagen belustigen, die sich bereits den neuen Medien zugewandt haben.
Wenn wir aber davon sprechen, dass sich das eBook durchsetzen und das gedruckte Buch mehr und mehr verdrängen wird, bleibt die Frage, ob wir langfristig an den Beziehungen Autor - Verlag - Leser festhalten.
Denn seien wir ehrlich; die heutige Verlagswelt ist ein Hemmschuh, geht es um Innovationen und freie Handlungen. Die Vorstellungen der Lektoren sind teils … überkommen – wer ihnen nicht gerecht wird, hat keine Chance auf einen Verlagsvertrag. Dabei ist eine Ablehnung durch einen Verlag kein Qualitätsmerkmal. Entweder hat man den Geschmack des Lektors nicht getroffen oder der Lektor glaubt, das Buch sei nicht massenkompatibel genug. Man greift lieber zu Einheitsware, die im Moment gerade schick ist. Raum für Experimente bleibt da wenig. Die Verlagsbranche ist wie alle anderen Branchen auch auf Geld aus, nicht auf künstlerische Werte.
Mal ein Beispiel aus eigener Erfahrung:
Zur Buchmesse 2010 schickte ich ein Manuskript an einen Verlag - und erhielt eine Ablehnung, weil dem Lektor einige Passagen nicht gefielen. Er begründete das recht ausführlich, nachvollziehen konnte ich es nicht. Zumal gerade jene Szenen in Büchern, die ich selbst verlegt habe, besonderen Anklang bei den Lesern fanden. Das, was der Lektor bemängelte, wurde von den Lesern und - etwa in einer Rezension in der VIRUS - mit Applaus bedacht.
Sitze ich heute an einem Konzept, überlege ich mir daher genau, ob ich es einem Verlag anbieten will - und mich in Formen quetschen lasse, die dem Lektor genehm sind - oder ob ich es selbst herausbringe und mich damit frei entfalten kann.
In Deutschland herrscht zur Zeit noch die Meinung vor, dass nur Autoren von Großverlagen echte Autoren sind.
Das ist in meinen Augen ziemlicher Quatsch.
Schaut man sich Autoren wie Scott Sigler oder David Moody an, wird einem keiner sagen, dass dies keine echten Autoren sind. Und auch sie gingen alternative Wege bei der Veröffentlichung. Inzwischen, dank des Erfolges, haben sich große Verlage bei ihnen gemeldet; nicht, weil sie den künstlerischen Wert der Bücher erkannt hätten, sondern weil sie sich auf sicherem Parkett bewegen.
David Moody lehnte sogar eine Weile den großen Literaturbetrieb ab; ob es sich inzwischen geändert hat, weiß ich nicht. Immerhin wurde sein Autumn verfilmt …
Die Frage, was ein Autor darf, hängt also davon ab, ob er einen Lektor glücklich machen will, oder ob er das schreiben möchte, was ihm auf der Seele liegt. Ob er eine Story erzählen möchte, die dem Mainstream folgt und damit von Verlagen genommen wird, oder ob er seiner Inspiration folgen möchte und auf Eigenpublikation setzt.
Die Grenzen werden von Geschäftsleuten gezogen; nicht von den Lesern, nicht von den Autoren. Wie weit man sich begrenzen lässt, muss jeder Autor entscheiden …
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