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Tipps für Hobby-Autoren II -- Konventionen

Abgelegt unter Aus der Werkstatt
Mittwoch, 9. Januar 2008

Es gibt einige Grundregeln, die jeder Autor beachten sollte. Dazu zählt auch jener, dass ein Schriftsteller seinen eigenen Stil entwickeln muss. Es ist schlecht, wenn ein Autor stilistisch sein Vorbild kopiert. Dies kann man mal machen, etwa wenn man eine Story im Stile von Poe oder Lovecraft verfassen will, aber es sollte nicht die Regel sein. Junge Autoren müssen sich von anderen abgrenzen, sie müssen ihren Weg, ihre Geschichten finden. Damit ihnen dies gelingt, müssen sie jedoch begreifen, wie ein Genre funktioniert. Nehmen wir zum Beispiel den Horror. Jeder wird mir zustimmen wenn ich sage, dass die Handlungen meist im fantastischen Bereich angesiedelt sind. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es keine Vampire, Werwölfe und auch Zombies trifft man eher selten. Man kann also Handlungen mit solchen und ähnlichen Wesen als fantastisch bezeichnen.<br/>Doch fantastisch ist etwas anderes als unlogisch. Ein Anfängerfehler, der häufig unerfahrenen Autoren unterläuft ist,

dass sie aber genau das verwechseln. Sie sind der Meinung, dass eine Story - nur weil sie im fantastischen Bereich angesiedelt ist - auf Logik verzichten darf. Frei nach dem Motto - gibt es das eine nicht, muss ich mich auch nicht um den großen Rest scheren. Als grobes Beispiel sei hier der Eifelturm genannt, der - da es sich um einen Werwolf-Roman handelt, und es keine Werwölfe gibt - vom Autor nach London versetzt wird. Dabei übersehen sie jedoch, dass der Grusel oder das Grauen vor allem daraus seine Wirkung bezieht, dass der Leser eine ihm vertraute Welt mit all ihren Regeln und Gesetzen vorfindet, er sich also heimisch fühlen kann -- und dann mit dem Unfassbaren, mit dem Grauen, konfrontiert wird. Dies vermittelt das unterschwellige Gefühl einer Bedrohung, die auch real sein könnte (was sie natürlich nicht ist). Dieser Effekt verschenkt der Autor, wenn er die Logik, das Bekannte und Vertraute, ignoriert. Denn dann wird der Leser in die Rolle eines entfernten Zuschauers gedrängt. Es ist nicht seine Welt, es sind nicht die ihm bekannten Kräfte am Werk. Kommt nun das Grauen hinzu, ist es nur ein weiterer, unbekannter Fakt. Das Unwohlsein, die Beklemmung und die unbewusste Angst, selbst Opfer eines solchen Grauens zu werden, fehlt völlig.<br/>Noch schlimmer wird es, wenn der Autor zwar einerseits die bekannte Welt und ihre Gesetze akzeptiert, dann aber punktuell die Logik außer Acht lässt, um einen gewissen Effekt zu erzielen, etwa Ekel. Wieder ein Beispiel - in einer Zombie-Geschichte nach dem Schema von Dawn oder Resident Evil werden die Untoten durch Kopfschüsse getötet. Der Mechanismus ist dem Leser dabei vertraut aus ähnlichen Werken, der untote Körper wurde durch einen Virus reanimiert, wird nun das Hirn zerstört, ist der Zombie ein Ex-Zombie. Um aber einen Splatter-Effekt einzubauen, taucht plötzlich ein Zombie auf, dessen Kopf nicht mehr auf dem Rumpf sitzt. An dieser Stelle wird der Autor einen Effekt beim Leser auslösen - aber nicht jenen des Ekels, sondern den des Stirnrunzelns. Wie kann ein Zombie ohne Kopf existieren, wenn Zombies durch die Zerstörung des Kopfes getötet werden? Der Leser wird zwangsläufig aus dem Lesefluss gerissen und mit einer Unlogik konfrontiert, welche sogar die bisherige Story ad absurdum führt.<br/>Logik ist ein Bestandteil, auf den keine Story verzichten kann. Auch nicht, wenn es sich um Horror, Phantasy oder SF handelt. Oder würde es der Zuschauer akzeptieren, wenn Captain Picard von der Enterprise ohne Raumanzug ins All entschwebt, um die Untertassensektion zu reparieren - und das nur, weil das Beamen, Schutzschilde und Klingonen ohnehin nicht existieren? Würden wir es akzeptieren, wenn ein Ork kräftig mit seinen Armen schlägt und davon fliegt, nur weil es keine Mittelerde gibt?<br/>Natürlich ist es die Aufgabe eines Lektors, solche Unstimmigkeiten zu erkennen und aus dem Text zu streichen. Für Jungautoren, die sich mit ihren Geschichten an Ausschreibungen beteiligen oder ihre Manuskripte einreichen ist es jedoch notwendig, die Mechanismen des Genres zu kennen, das sie bedienen wollen. Sonst wandert ihr Manuskript rasch in die Rundablage. Lektoren achten sehr genau auf solche Aspekte. Will man sich von der Masse abheben, gibt es hierzu andere Möglichkeiten, als auf Konventionen und Regeln zu verzichten. Mehr noch - man muss andere Wege finden, will man nicht nur für die Schublade schreiben ;-)<br/>

 

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Shinwatoshi / ---
Freitag, 2. Januar 1970
Url: http://www.shinwatoshi.blog.de
<em>Um aber einen Splatter-Effekt einzubauen, taucht plötzlich ein Zombie auf, dessen Kopf nicht mehr auf dem Rumpf sitzt. An dieser Stelle wird der Autor einen Effekt beim Leser auslösen - aber nicht jenen des Ekels, sondern den des Stirnrunzelns. Wie kann ein Zombie ohne Kopf existieren, wenn Zombies durch die Zerstörung des Kopfes getötet werden?</em>

Hm, mal ganz abgesehen davon, dass ich dieses Beispiel ein wenig unglücklich finde, muss ich gestehen, dass ich noch nie begriffen habe, wieso Zombies durch einen Kopfschuß "sterben" können.
Irgendwie unlogisch, wenn man die Existenz von Zombies z.B. durch Viren/Bakterien oder sonstigem Getier (Würmer) erklärt.

Wenn wir jetzt mal in die Biologie gehen, dann können wir beweisen, dass es durchaus möglich ist für ein Tier unserer Größe (und etwas anderes als ein Tier ist der Mensch ja biol. nicht) ohne Kopf noch einige Meter zu laufen (ok, eher wanken). Je kleiner das Tier, desto weiter die Strecke.
Meine Gans z.b. flog ohne Kopf noch knapp 2 km weit.
Das sind die letzten Muskelzuckungen.

Bleiben wir aber jetzt mal beim Zombie. Angenommen, ein Virus bzw. Bakterie ist für die Exzistenz verantwortlich, würde es die o.g. "Zuckungen" verdoppeln bzw. verdreifachen, je nach Virus/Bakterie. Da würde also ein Kopf ab Sinn machen, man müsste aber damit rechnen, dass die noch etwas weiterlaufen, aber keinen Schaden mehr anrichten.

Ist der Verursacher allerdings ein Wurm, sieht es schon wieder ganz anders aus. Es gibt im Amazonas Würmer, die sich in Lebewesen reinbohren und bis hinauf ins Gehirn wandern und dort dann quasi das Verhalten steueren. Und das heißt, ab zum nächsten Wasserloch. Dort verlässt der Wurm seinen Wirt dann wieder.
Es gibt allerdings auch Würmer, die gehen in frisch gestorbene Lebewesen und die "hängen" sich nicht ans Gehirn sondern an die Nervenbahnen an der Wirbelsäule. Da ist also nix mit Kopf ab und alles ist vorbei.

Ich denke also, es kommt darauf an, wie man die Existenz der Zombies in einer Story erklärt um zu wissen was logisch oder unlogisch daran ist ;)
Kommentar:
Kommentar ga: Bei durch Erreger verursachten Untoten geht man davon aus, dass die Zombies noch durch ein rudimentäres Bewusstsein gesteuert werden. Hierfür sind ja drei Faktoren notwenidg - die Gier nach frischem Fleisch und Blut der Lebenden, der Instinkt, wo diese Nahrung zu finden ist und die Bewegungen, den Untoten dorthin zu bringen. Für alle drei Faktoren ist das Hirn notwenidg. Ist es zerstört, ist schluss mit Gier, mit Bewegungen, mit Instinkt. Das Herz als Quelle des Lebens ist bei Untoten nicht wichtig, der Kopf als Schaltzentrale hingegen schon. Somit kann ein Zombie, den man köpft, vielleicht noch ein paar Schritte tun, wenn er in der Bewegung enthauptet wird. Störtebeker lief ja angeblich auch noch ein paar Meter, nachdem ihm der Kopf abgeschlagen worden war. Aber er wird nicht mehr gezielt laufen können, und darum ging es in dem Beispiel ja.
Anders ist es, wenn Magie im Spiel ist - denn dann wird der Körper anders "animiert". Magie macht ohnehin letztlich alles möglich, denn hier wird ja gerade mit der Aufhebung bekannter Gesetzmäßigkeiten gespielt. Aber sind es Erreger, so muss man auch die Mechanismen beachten. Daher gebe ich dir Recht - die Story bestimmt, was "logisch" ist und was nicht. Zudem wird oft propagiert, Horror sei an sich unlogisch. Das stimmt nicht - Horror besitzt eine eigene Logik :-)