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Happy Birthday Gruselroman

Abgelegt unter Literatur
Mittwoch, 23. Juli 2008

Vierzig Jahre auf den Tag genau ist es her, dass Dan Shocker mit Larry Brent den ersten Gruselroman auf den Markt brachte, damals noch bei Zauberkreis.

Mit "Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus" begann eine neue Ära in Deutschland und noch heute findet der Gruselroman seine Leser.

Ich selbst gehöre noch zu jenen, die über Larry Brent zum Horror kamen, auch wenn ich nur das Ende der Serie miterlebte, dann aber zu Sinclair wechseln musste.

Dass mich diese Form der Unterhaltung geprägt hat, kann man nicht leugnen. Schließlich ist auch Christoph Schwarz mehr oder weniger diesem Genre zuzuordnen.

Und doch möchte ich nicht so weit gehen und behaupten, dass mich der Gruselroman nachhaltig geprägt hat. Die Zeiten haben sich gewandelt, der Gruselroman aus den großen Verlagen nicht. Er wird noch immer nach dem Schema geschrieben, wie es für zwanzig Jahren gut und richtig war. Kein Wunder, dass man ihm heute eine tiefe Krise bescheinigen muss. Auch mich selbst reizt ein Sinclair nur, um ein wenig in der guten, alten Zeit zu schwelgen. Doch das, was ich einst als gruselig empfand, bereitet mir heute ein müdes Lächeln. Zu old-school ist das, was dort geboten wird, zu zahm, zu vorhersehbar. Der Horror hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt, was vor allem Autoren aus Übersee stets neu beweisen. Härte, aber nicht um der Härte willen, unverblümte Erotik und unvorhersehbare Geschichten sind es, die moderne Autoren auszeichnen.

Aber diese findet man ausschließlich im Buchsektor.

Der Gruselroman war mein Einstieg in die Welt der Geister, Vampire und Dämonen, aber ich blieb nicht stehen. Ich ergründete die Abgründe, lotete meine eigenen Grenzen aus und konnte so die Wandlung des Genres nachvollziehen. Liest man heute einen Christoph Schwarz, so hat er gewiss wenig von einem Gruselroman. Die Themenvielfalt, das Direkte und auch Sex & Gore finden sich in zwischen den Deckeln. Damit ernte ich nicht das zustimmende Nicken der Fans, die sich noch an den ersten Larry Brent erinnern und genau diese Machart für das Nonplusultra halten. Aber offenbar gelingt es mir, das Nicken jener zu ernten, die sich mit dem Horror gewandelt haben. Die "Underworld" und "Resident Evil" mögen, die Edward Lee auf seinen bizarren Reisen in die Hölle folgen oder mit Anita Blake fiebern, wenn diese in den Büchern von Laurell K. Hamilton auf die Jagd nach garstigen Kreaturen geht.

In diesen Büchern wie auch in den Filmen geht es um Helden mit Ecken und Kanten, um eine Welt, die sich nicht einzig auf den Plot konzentriert und das wirkliche Leben ausblendet. Wir leben in unangenehmen Zeiten und das Unangenehme muss sich in den Geschichten widerspiegeln. Wer in eine andere, in eine bessere Welt fliehen will, in der Recken und Prinzen ganze Königreiche retten, der greift in der Regel zur Fantasy. Horror heute ist auch Alltagshorror.

Der Gruselroman, wie er vor genau 40 Jahren geboren wurde, hätte auch heute noch eine Chance. Aber nur dann, wenn er sich selbst neu erfindet, jeden Ballast über Bord wirft und Grenzen, die ohnehin seit über zehn Jahren nicht mehr gültig sind, überschreitet. Dies mag zu Lasten der noch verbliebenen Old-School-Leser gehen, wird aber Leser an die Kioske ziehen, die bisher mit gerümpfter Nase Abstand halten.

 

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