"Lesen" wurde abgesetzt
Die einzige Sendung, die ich mir im ZDF regelmäßig anschaute, war "Lesen" mit Elke Heidenreich. Doch damit ist es nun vorbei, denn nach zwei Artikeln in der FAZ und der Frankfurter Sonntagszeitung spielte das ZDF den Beleidigten und warf sie hinaus.
Damit geht eine Ära zu Ende, eine Ära, die mit Bambi und anderen Preisen geehrt wurde. Die Debatte um die Qualität des Fernsehens, das wir alle mit unseren Gebühren bezahlen, ebbt langsam ab. Keiner der Intendanten und Verantwortlichen will sie, keiner der Programmplaner ist scharf auf diese Auseinadersetzungen. Lieber arbeitet man weiterhin an der Volksverdummung; etwas, auf das vor ein paar Jahren noch die Privaten das Monopol haben. Aber da Konkurrenz das Geschäft belebt, bedienen und auch die Öffentlich-Rechtlichen lieber PISA-Versager, statt sich an Qualität und Anspruch zu halten. In unserer Zeit muss man die Masse bewegen, und die Masse will weniger ernst, weniger Qualität und mehr "lustisch" und "locker". In diesem Umfeld ist es für die Grand Dame des Literaturfernsehens vielleicht nicht einmal so schlimm, dass ihr das ZDF den Stuhl vor die Tür stellte. Sie weiß die Verlage auf ihrer Seite, sie weiß die Zuschauer auf ihrer Seite und vor allem weiß sie, dass jedes ihrer Worte ins Schwarze traf.
Das ZDF kündigte derweil eilig an, auch 2009 gäbe es eine Literatursendung, das Konzept würde gerade erarbeitet. Wir dürfen gespannt sein, was dabei herauskommt. Vielleicht sollte man jemanden wie Anke Engelke oder Michael Mittermeier nehmen, die dann mit vorgeblich witzigen Sprüchen das Publikum unterhalten und dabei ein paar Bücher zeigen. Zumindest würde das die "Generation Doof" unterhalten, die nur nach "lustisch" schreit und dabei Sendungen schaut, die nicht einmal die gleiche Hausnummer wie "lustig" haben. Gedacht wird ohnehin nicht mehr, Kultur ist nebensache, Niveau auch. Wie sang schon Grönemeyer? Wir drehen uns um uns selbst denn was passiert, passiert. Wir wollen keinen Einfluß, wir werden gern regiert. Hör auf hier zu predigen, hör auf mit der Laberei. Wir feiern hier 'ne Party und Du bist nicht dabei.
Wobei eines klar ist - mit meinen Horror-Romanen gehöre ich sicherlich nicht zu den Verteidigern von Kultur und gutem Geschmack. Auch ich bin in der Unterhaltungsbranche tätig, versuche aber gleichzeitig, meine Sicht der Dinge in die Werke einfließen zu lassen. Wie traurig ist es daher, dass ein Verlag einen simplen Erotik-Thriller ablehnte mit dem Hinweis, er sei "zu anspruchsvoll für die durch das Privatfernsehen gebildeten Leser". Wie schon gesagt - Generation Doof bevorzugt seichte, ganz seichte Unterhaltung.
Die Evolution holte uns Affen einst von den Bäumen und ließ uns aufrecht gehen. Das Privatfernsehen und mehr und mehr auch ARD und ZDF bringen uns geistig wieder zurück auf die Bäume. Da sag einer, wir hätten die Natur nicht vollends überlistet ...
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Donnerstag, 1. Januar 1970
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Deinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. Das Fernsehen scheint lieber einen weiteren unsinnigen Filmpreis und eine Kategorie "Bestgekleideter Wetterfrosch" einzuführen, als mit Sendungen wie "Lesen" oder "ttt" dem anspruchsvolleren Kultur- und Bildungsauftrag nachzukommen. Die Herren Intendanten lesen wahrscheinlich selber nicht - oder höchstens ihre eigenen Kontoauszüge.