Raubkopierer und kein Ende ...
Um eines deutlich zu machen - der nun folgende Beitrag ist nicht gedacht, um Kopien über das Internet zu befürworten, sie zu verharmlosen oder zu rechtfertigen. Auch ich bin gegen illegales Kopieren.
Und - da manche Menschen nicht zwischen dem Autoren Arenzen und dem Menschen Arentzen unterscheiden können: Das hier schreibt der Verkaufstrainer Arenzen. Alles klar? Gut, dann kann es ja losgehen ..
In einem von mir frequentierten Hörspielforum geht seit Monaten der Geist der Raubkopierer um. Labelbetreiber beweinen ihr Schicksal, das Gros der Forumsgäste unterstützen sie in ihrem Wimmern. Oder, um mal ein berühmtes Lied zu zitieren: We've all gone crazy Mourning all day and mourning all night. Falling over ourselves to get all of the misery right.
Nun tauchte gestern wieder ein Beitrag eines kleinen Labels auf mit der Angst, eines Tages wegen den Raubkopierern keine Hörspiele mehr produzieren zu können. Ein anderer Labelbetreiber möchte am liebsten jegliche Kopie verbieten, auch die von dem Gesetz (mit Einschränkungen) erlaubte Privatkopie.
Ja, die Emotionen schlagen hoch bei diesem Thema, da werden Zahlen in den Raum geworfen und Downloads mit verlorenen Geldern gleichgesetzt. All das, was die Musikindustrie schon seit Jahren tut, um die Kunden mehr und mehr zu fesseln. Mit bescheidenem Erfolg, aber das nur nebenbei.
Aus verkaufstechnischer Sicht ist dieses Wimmern jedoch nicht nur sinnlos, sondern kontraproduktiv. Denn eines ist sicher - keine Serie musste jemals wegen Raubkopierern eingestellt werden, kein Label musste jemals schließen. Schuld waren stets Fehler des Labels!
Ja, Sie haben richtig gelesen - keine Serie musste jemals wegen Raubkopien eingestellt werden, die Schuld lag stets bei den Produzenten.
Das mag nun einige Labels entsetzen, ist aber ein Fakt. Auch wenn er schwer zu verkraften ist.
Vor einiger Zeit wollte mir ein Verantwortlicher eines Labes erklären, dass x Hörspiele seiner Serie illegal von einem Portal gedownloaded wurden, und dass diese Serie darum nun vor dem Aus stehe.
Mit Verlaub - das ist Quatsche.
Wobei ich dem Verantwortlichen nicht einmal einen Vorwurf mache, denn er sucht die Schuld für das Versagen seiner Serie bei jenen, die ohnehin schuldig sind, wenn auch wegen anderen Dingen.
Leider verhindert dieses Verhalten aber, dass er die Serie retten kann, und so ist sie wohl dem Untergang geweiht. Umso mehr, als dass er nun mit Anwälten und Softwareentwicklern zusammenarbeiten will, die sich auf das Thema Raubkopien spezialisiert haben. Schade um die Serie, schade für das Label. Denn weder Anwälte noch Softwareexperten bringen neue Käufer. Sie lenken nur von den eigentlichen Problemen ab.
Hätte mich das Label als Berater engagiert und mir die Mär von den Raubkopien erzählt, ich hätte meinem Kunden etwas anderes geraten. Nämlich, die eigenen Fehler aufzuspüren und sie so schnell wie möglich auszumerzen. Nur das führt zum Erfolg. Newell von Valve (Half Life etc.) erkannte das völlig richtig als er sagte: "Wenn jemand unsere Spiele lieber kopiert anstatt diese zu kaufen, so haben wir einen Fehler gemacht!"
Wie aber komme ich zu der Annahme, nicht die Raubkopien könnten ursächlich für das Aus einer Serie sein?
Betrachtet man sich die Zahlen, wird einem das schnell klar. Auf der einen Seite hat man x Verkäufe, auf der anderen Seite y Raubkopien. Nun mag es verführerisch sein, x und y zu addieren, um so auf eine Summe zu kommen, die das Weiterbestehen der Serie garantiert. Aber zum einen wäre bei weitem nicht jeder dieser y Kopierer auch ein Käufer, zum anderen gibt es da die große Summe z, und die führt zum Aus der Serie. Denn z sind die Leute, die das Hörspiel nicht gekauft und nicht kopiert haben, also etwa 80 Millionen Menschen in Deutschland. Gut, um fair zu sein, können wir z nicht mit 80 Millionen Menschen gleichsetzen, denn manche sind zu alt, manche zu jung, andere haben gänzlich andere Interessen. Gehen wir darum bei z sehr konservativ vor und nehmen eine Zahl irgendwo zwischen 500.000 und 1.000.000 Menschen an. Würden y Raubkopierer die Serie als Käufer retten, und hier sprechen wir von einer Zahl zwischen 100 und 1000, bedeutet dies, dass es dem Label nicht gelungen ist, y Käufer aus der großen Masse z zu aktivieren. Wobei die meisten »Z-ler« das Hörspiel deswegen nicht gekauft haben, weil sie noch nie in ihrem Leben davon gehört haben. Keiner ging zu ihnen und sagte: »Hey, ich habe hier was, das könnte dir gefallen.« Die Existenz der Serie war ihnen schlicht nicht bekannt, darum kauften sie nicht. Nur sehr wenige »Z-ler« werden das Hörspiel abgelehnt haben, weil es ihnen nicht gefiel.
In einer überkommerzialisierten Welt, in der Werbung im Minutentakt auf den Menschen einprasselt, kann man sich eben nicht zurücklehnen und darauf warten, dass der Käufer zum Produkt kommt. Es reicht auch nicht, ein paar Hörproben ins Netz zu stellen. Wer geht schon allein aufgrund eines Trailers ins Kino? Das Geld der Menschen ist heute knapp, die Freizeit will auf die bestmögliche Art genutzt werden. Hat man ein Freizeitprodukt zu verkaufen, muss man dem Kunden verdeutlichen, dass er sein gutes Geld, mehr aber noch seine wertvolle Zeit, in eben dieses Produkt am besten investiert. Dies ist die Herausforderung, vor der ein Label steht. Muss es eine Serie einstellen, dann ist ihm dies nicht gelungen und darum kommt es zu der Einstellung. Nicht, weil y Jäger und Sammler sich die mp3-File irgendwo gezogen haben.
Auch reicht es nicht, Werbung in einschlägigen Foren zu schalten. Die Leute dort verfolgen die Szene, sie kennen die Serien. Aus ihnen rekrutieren sich die wenigen »Z-ler«, die das Hörspiel kennen, aber nicht kaufen. Ein Bruchteil der gesamten Masse z.
Schafft es das Label, an diese Masse zu kommen, sind ihm die y Raubkopierer völlig egal. Denn dann läuft die Serie.
Ketzerisch könnte man nun sogar die These aufstellen, dass Raubkopierer helfen, an diese Masse zu gelangen, denn sie verteilen den Titel über die Grenzen, die einem kleinen Label auferlegt sind, hinaus.
Interessant ist ja auch, dass bei erfolgreichen Serien die Zahl y nicht kleiner ist als bei den Serien, die eingestellt werden müssen, sondern mindestens identisch oder sogar noch größer. Allein das müsste den Labelbetreibern ja verdeutlichen, dass nicht die Raubkopierer wichtig für den Erfolg oder Misserfolg einer Serie sind, sondern einzig die Käufer. Und die lassen sich eben nicht mit y aufrechnen, nur weil eine Serie schwächelt.
Natürlich darf man nicht verschweigen, dass Kopien über das Web illegal sind. Die Frage, wie wir künftig damit umgehen, ist jedoch eine völlig andere. Die alt-hergebrachten Methoden, vor allem von der Musikindustrie betrieben, haben versagt. Neue, innovative Wege müssen her, die legale User nicht kriminalisieren und den Raubkopierern den Wind aus den Segeln nehmen. Denn das Thema ist deutlich älter als das Internet.
Zum Schluss noch ein Wort vom Autoren Arentzen: Es lohnt sich, meine Hörspiele und Hörbücher legal zu kaufen. Sie sind mit viel Know-How gemacht, die Cover im Original sehr hübsch und wer sie legal bei mir kauft, bekommt sie sogar signiert. Das kann keine Raubkopie bieten. Vor allem aber liegt kein DRM drauf, so dass man sie rippen und auf seinem MP3-Player hören kann ;-)
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