Die Schändung der Leichen
Boulevard-Journalismus findet man nicht nur bei BILD und Konsorten. Auch Online gibt es Magazine, die mit den niedersten Mitteln arbeiten, um die Sensationsgier ihrer Besucher zu wecken und zu befriedigen, ihre Rachegelüste auszuleben und sich ganz allgemein in die Niederungen billiger Effekthascherei begeben.
Ein von mir hin und wieder besuchtes Online-Magazin arbeitet mit diesen Methoden. Es ist kein Geheimnis, dass sein Betreiber eine Aversion gegen Autor X hegte. Zu Lebzeiten des Autors führten sie verschiedene Kleinkriege in Foren aus, die besagter Betreiber jedoch in der Regel verlor. Nun ist Autor X tot und damit die große Stunde für den Betreiber gekommen, sich für all die erlittene Schmach zu rächen. Natürlich schreibt er die Schmähartikel nicht selbst, sondern lässt schreiben - und jener, der für ihn die Schmierereien auf den Screen bringt, ebenfalls von Autor X schwer enttäuscht, tut dies unter dem heuchlerischen Vorwand der Aufklärung. Exakt so, wie es auch die BILD tut. Das dies kein Einzelfall ist, zeigte das Magazin bereits früher. Sie empörten sich über Beleidigungen, die Autor X Kollegen gegenüber ausgestoßen hatte - und wiederholten exakt diese Beleidigungen, so dass die Getroffenen erneut gedemütigt wurden.
Es ist ein Armutszeugnis, wenn man sich nach dem Tode eines Menschen auf diese Weise rächen muss. Billig, sensationsgeil, verwerflich.
Auf der anderen Seite stoppt der Betreiber auch nicht vor toten Autoren, die er mochte. So wurde, kaum dass Autor Z nach langer, schwerer Krankheit verstarb, dieser zum "Namenspatron" des Online-Magazins erhoben. Eine billige Leichenflädderei, um sich mit dem guten Namen von Z. zu schmücken, gleichzeitig aber auch ein Schritt, den man zu Lebzeiten des Autors nicht wagte.
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