Wenn der Name Programm ist …
… dann hat ein Redakteur des Zauberspiegels in die Tonne gegriffen. So wie heute, denn Marcel Reintges spricht von Santa Graus - und liefert einen grausigen Text ab.
Doch zuerst eine Bemerkung am Rande: Es gibt einen Unterschied zwischen redaktionellen Artikeln, Leitartikeln und Blogbeiträgen.
Redaktionelle Beiträge müssen - will man den Anspruch erheben, den der Zauberspiegel erhebt - sachlich fundiert sein. Das heißt, Aussagen müssen stimmen, Fakten belegbar sein.
Das ist schon lange so, das galt bereits vor dem Web und es gilt auch dort.
Leitartikel spiegeln die persönliche Meinung des jeweiligen Verfassers wider und können auch polemisch sein, Blogbeiträge hingegen sollten stimmen, können aber auch einfach "frei Schnauze" sein.
Das gesagt kommen wir zu Reintges Beitrag, der als ganz normaler Artikel eingestellt wurde. Kein Leitartikel, kein Blogbeitrag.
Abgesehen von mangelnder Sorgfalt und dem Fehlen eines Lektorats finden sich auch Sätze darin, die den Artikel auf BILD-Niveau senken.
[…] Geschäfte, die bis nach Mitternacht aufhaben, damit Oma und Opa, die den ganzen Tag zu Hause Däumchen gedreht haben, auch ja noch um 23:00 Uhr einkaufen können (Das Argument: "Ich muss arbeiten, wann soll ich denn sonst?" zieht nicht. Die Menschheit hats auch damals gepackt, wo die Läden um 18 Uhr schlossen. Und ich hoffe, dass diese Zeit endlich wiederkommt!) […]
Schaut man sich in den Geschäften nach 20:00 Uhr um, so findet man relativ wenig Rentner und sehr viel junge Kunden; eben jene, die zuvor arbeiten mussten. Ich komme selbst aus einem Zweig, bei dem man oft bis nach 20:00 Uhr arbeiten muss - die Not, vor Dienstbeginn Einkäufe zu erledigen, kenne ich daher noch sehr gut.
Die These von Reintges wird auch von der Branche direkt widerlegt, wie er mit etwas Recherche hätte feststellen können. Schon 2009 hieß es:
[…] Die Metro-Tochter hat montags bis samstags bis 22 Uhr geöffnet, in einigen Märkten sogar bis 24 Uhr. "Wir erreichen dadurch völlig neue Zielgruppen", beschreibt Unternehmenssprecher Albrecht von Truchseß. Junge Berufstätige zum Beispiel, die oft erst nach 20 Uhr einkaufen gehen können.
Oder Mütter, die erst losziehen können, wenn ihr Mann nach der Arbeit auf die Kinder aufpasst. "Die längeren Öffnungszeiten führen daher nicht zu Umsatzverschiebungen, sondern zu teils erheblichen Zusatzeffekten", sagt von Truchseß. Das bestätigt Konkurrent Rewe. Über die Hälfte der rund 3300 Rewe-Märkte hat mittlerweile bis nach 20 Uhr geöffnet. […]
Doch dies nicht der letzte Stammtisch-BILD-Kommentar, den Reintges in einem Artikel vom Stapel lässt.So schreibt er:
[…]Von den Preisen an der Tankstelle rede ich lieber nicht, nur dass es reine Gier der "Benzin-Mafia" ist!
Fakt ist: 2009 lag der Preis bei einem Euro pro Liter - es gibt also KEINEN Grund, also er jetzt wieder bei 1,50 € - außer eben: Gier! Dass die Autofahrer einen billigen Preis erzwingen (!) können, juckt aber keinen. Würde man einfach mal den Wagen 2 Wochen stehen lassen, würde es nicht nur der Erde besser gehen, nein, sondern die Tankstellen müssten die Preise auch endlich wieder auf ein halbwegs faires Niveau senken. […] (Anmerkung ga: Hervorhebung von mir).
Bedenkt man, dass Tankstellen die Preise in der Regel nicht bestimmen und pro Liter etwa ein bis zwei Cent bekommen, ist diese Aussage nicht nur falsch, sondern sie schürt auch Zorn auf die falschen Leute. Tankstellen machen etwa 57% ihres Umsatzes über das Shop-Geschäft, Treibstoff hingegen schlägt nur mit 20% zu Buche - und da sind noch Schmierstoffe bei, also Öl. Die Quelle hierzu ist frisch, vom 2. Dezember 2011.
Hier auch noch das Wort Fakt zu benutzen ist schon sehr unglücklich.
Oh Graus, möchte ich da bei diesem Artikel ausrufen - und ich meine nicht Santa. Mein Wunsch für Weihnachten: Eine Prise Sachverstand für die Mitarbeiter des Zauberspiegels und einen Sack Erkenntnis für HHvA. Bitte, liebes Christkind - ich war doch brav dieses Jahr ;-)
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