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Rezension: EU Undercover Band 1: Todesschwadron von Lissabon

Abgelegt unter Literatur
Sonntag, 28. Oktober 2007

eu-undercover-band-1.jpgEU Undercover Band 1Todesschwadron von Lissabonvon Martin BarkawitzCover: Jörg Jaroschewitz eBookvph-VerlagUmfang: 152.000 ZeichenErhältlich als: pdf-, lit-, html-, prc-, pdp-, txt-DateiPreis: 2.00 EuroFSK 16 

 

Sehr zum Leidwesen ihrer Kollegin Lisa Janowsky wechselt Jasmin Brunner vom BKA zur Europol. Ihr wird allerdings erst nach und nach bewusst, auf was sie sich da überhaupt eingelassen hat: Schon während ihrer ersten Tage bei der Europol muss sie nicht nur heikle Undercover-Jobs erledigen und von der Schusswaffe Gebrauch machen, sondern auch einen Menschen töten – eine Erfahrung, die der Schreibtischtäterin bislang vollkommen unbekannt war. Dabei ermittelt sie in einem insgesamt vierköpfigen Team Seite an Seite mit Teamchef und Senior Officer Angus Shaw und den beiden Ermittlern Hassan Khaled und Isabel da Silva. 

 

Ihr erster Einsatz führt sie sogleich ins Heimatland von Isabel da Silva: Portugal. In der Hauptstadt treibt die so genannte „Todesschwadron von Lissabon“ ihr Unwesen; eine Gruppe von Serienkillern, die beschlossen haben, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Ein heikler Undercover-Einsatz beginnt. Schließlich kommen sie dem Drahtzieher der Morde auf die Schliche – doch der Anführer der Selbstjustiz-Organisation plant etwas viel Schrecklicheres …

 

Viele Krimiserien haben ein großes Problem: ihre Hauptfiguren. Meistens sind die farblos und eintönig, langweilig und entstammen quasi direkt der Klischeekiste. Besonders beliebt sind da mitunter – egal, ob im Romanheft, Taschenbuch oder Hardcover – die furchtlosen, gut aussehenden Ermittler, die dem Tod stets mit einem gewinnenden Siegerlächeln ins Gesicht blicken und jeden Fall mit Bravour lösen – der Zufall ist da ein ständiger Begleiter. 

 

Martin Barkawitz („Kripo Hamburg“) hat sich schon zu „Jerry Cotton“-Zeiten einen Namen damit gemacht, dass seine Figuren nicht unbedingt in dieses Klischee passen – beispielsweise gehörte die von ihm kreierte Annie Geraldo zu den lebendigsten Figuren, die es je beim „Kriminalroman, von dem die Welt spricht“ gab. Diesem Anspruch wird Martin Barkawitz nicht nur gerecht – er steigert das Ganze sogar noch. 

 

Es ist ein beliebter Erzählstil, in Kriminalroman bzw. Thrillern nur einen Ermittler aus einem Team als Hauptfigur in den Vordergrund zu stellen. Dort erfährt man dann in epischer Breite über allerlei private Probleme, ohne dass das einen nennenswerten Sympathiefaktor ergibt – die meisten von ihnen bleiben trotzdem blass und einseitig. Noch viel schlimmer ist, dass nur recht selten ein wirkliches Team im Vordergrund steht: Nahezu alles dreht sich um den mehr oder weniger gut aussehenden Helden; andere Ermittler werden allerhöchstens zu Statisten degradiert, die belanglose Nebenrollen besetzen. 

 

Noch schlimmer als die Einseitigkeit der Hauptfiguren ist allerdings der geradezu krankhafte Kampf für das Gute. An und für sich eine sehr löbliche Einstellung, leider werden diese Ideale meist mehr schlecht als recht zu Papier gebracht, sodass der Wahn für das Gute zu kämpfen auf die Dauer nur noch lächerlich wirkt. Gott sei Dank ist dies in Band 1 von „EU Undercover“ anders: Die Gruppe „Shaw“, in der Protagonistin Jasmin Brunner landet – was daran liegt, dass ihre Vorgängerin ermordet wurde und die Lücke gefüllt werden muss(te) – besteht aus vielschichtigen, dreidimensionalen Personen, die allesamt über ein sehr großes Potenzial verfügen. 

 

Hier steht offensichtlich nicht nur Jasmin Brunner als Hauptfigur – die übrigens recht sympathisch ist, da ihre anfängliche Unsicherheit gut zu Papier gebracht wurde – im Vordergrund, sondern ein ganzes Team. Das ist übrigens nicht in den üblichen 08/15-Farben Schwarz/Weiß gemalt, sondern wird durch viele verschiedene Grautöne bestimmt. Besonders reizvoll ist hier die Figur Angus Shaw. Der Teamchef ist ein sehr undurchschaubarer Charakter – laut ihrer Freundin und ehemaligen Kollegin Lisa Janowsky handele es sich dabei um einen Sadisten. Widerlegt wurde dieser Eindruck glücklicherweise nicht – ganz im Gegenteil: Sein Verhalten gegenüber einem Verdächtigen, das für den Verlauf des Falls auch noch von einer gewissen Wichtigkeit ist, spräche eher dafür als dagegen. 

 

Auch Isabel da Silva und Hassan Khaled verfügen über viel Ausbaufähigkeit – alleine schon, wenn man ihren Undercover-Einsatz als illegale Emigranten bedenkt (dieser hätte ruhig noch weiter geschildert werden können – in Zukunft gerne mehr aus dieser Richtung). Mit dem Stichwort „Undercover-Einsatz“ hat sich Barkawitz übrigens ebenfalls einen hochinteressanten Teil der Verbrechensbekämpfung herausgesucht: Ellenlange Verhöre sind zwar schön und gut und in klassischen Rätselkrimis sicher unverzichtbar, sorgen aber nicht zwingend für Stimmung. Bei Undercover-Jobs ist das meist anders – auch hierfür auch ein klarer Pluspunkt. 

 

Der Kriminalfall selbst ist zwar nicht neu, wurde hier aber ansprechend inszeniert. Ein kleiner Whodunit-Effekt wäre zum Schluss hin vielleicht wünschenswert gewesen, z. B. indem sich am Ende herausgestellt hätte, dass ein bis dato als vertrauenswürdig eingeschätzte Person ebenfalls zur „Todesschwadron von Lissabon“ gehört – spielt aber angesichts des stimmigen Gesamtbildes eher eine untergeordnete Rolle. 

 

Einzig und allein ist mir ein wenig schleierhaft, weswegen man ausgerechnet Jasmin Brunner als Agentin bei der Europol ins Boot geholt hat, wo sie doch bislang, wie im Laufe des Romans erwähnt wird, weder eine Observierung durchgeführt noch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hat. Womöglich wird das allerdings noch im Laufe der folgenden Romane näher erläutert, sodass man hier nicht von einem Qualitätsmängel sprechen kann, da dies dem Roman keinen Abbruch tut. 

 

Die Recherche ist übrigens erstklassig und hätte ich als Befürworter des gedruckten Buches ehrlich gesagt so ordentlich nicht in einem E-Book erwartet. Galant fügt Barkawitz Informationen über den Handlungsort, die Aufgaben der Europol-Spezialeinheit und die Teammitglieder selbst in den Roman ein, ohne dass er den Leser langweilt oder mit Informationen überfordert. Ein besonderes Lob verdient zudem auch noch das Lektorat: Den Lesefluss störende Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler sind mir so gut wie nie untergekommen – anders als bei den meisten Print-Verlagen üblich. 

 

Der einzige Wehrmutstropfen hängt diesmal nicht mit der Story, sondern dem Format von „Todesschwadron von Lissabon“ zusammen: Eine zweispaltige Formatierung des Textes wäre, ähnlich wie bei Heftromanen, wünschenswert – so könnte man eine Zeile wesentlich schneller lesen als bei einer ganzen DIN A4-Zeile. Es wäre auch durchaus empfehlenswert, wenn man die Romane zusätzlich noch in dem Format anbieten könnte, in dem beispielsweise auch die Serie „Falkengrund“ erhältlich ist: So kann man sich die Romane nämlich im kleineren Heftroman-Format ausdrucken und entsprechend zurechtmachen. Schön wäre ebenfalls eine Vorschau auf den nächsten Roman – natürlich kann man sich die zu gegebener Zeit im Internet downloaden, aber ein kleiner Ausblick auf Band 2 würde schon mal die Vorfreude steigern. Fazit: Ein realistischer Action-Krimi, der nicht nur durch die flotte, schnörkellose Handlung, sondern vor allem durch glaubhafte Charaktere und ein sympathisches Team punkten kann – sehr empfehlenswert!

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